Wirtschaft

BAWAG-Prozess: Polizei stand vor Elsners Wohnung

Heute Redaktion
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Im zweiten BAWAG-Strafprozess ist der mitangeklagte Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner am Dienstag wieder nicht vor Gericht erschienen. Ein Vorführungsversuch des Gerichts in der Früh in dessen Wiener Wohnung ist gescheitert, da der Ex-BAWAG-Boss dort nicht angetroffen wurde. Er hält sich nach Angaben seiner Anwälte und seiner Ehefrau Ruth ja in einer deutschen Reha-Klinik auf.

Während der Gerichtsgutachter Elsner für verhandlungsfähig erklärt hat, verweist seine Verteidigung auf drei Privatgutachter, wonach Elsner zu krank für die Prozessteilnahme sei. Richter Christian Böhm entschied daraufhin, das Verfahren gegen Elsner am 3. September zu führen, gegen die anderen Angeklagten gehe es dann am 4. September weiter.

Heute um 7 Uhr früh hatte das Gericht einen - erfolglosen - Vorführungsversuch unternommen: Zwei Polizisten kamen zu Elsners Wiener Wohnung und wollten ihn zwangsweise vor Gericht bringen. Dazu kam es aber nicht, da sich Elsner - wie von seiner Verteidigung gestern dem Gericht erklärt - dort nicht aufhielt. Die Polizisten trafen nur Elsners Ehefrau Ruth an und mussten daher unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Richter und Elsner-Anwalt aneinander gekracht

Im Gerichtssaal kam es heute, am 16. Verhandlungstag, trotz der sehr kurzen Verhandlung zu unruhigen Szenen: Als Elsners Anwalt Andreas Stranzinger dem Richter ins Wort fiel und einen Ausschließungsantrag gegen den Richter wegen Befangenheit einbringen wollte, wurde Richter Böhm laut und drohte dem Anwalt mit einer Disziplinaranzeige, sollte er ohne seine Erlaubnis weitersprechen.

Stranzinger erklärte dazu nach der Verhandlung, er habe nur unmittelbar rügen wollen, dass der Vorführungsversuch Elsners ohne vorherige Androhung einer Vorführung unternommen worden sei und daher rechtswidrig wäre, daher habe er den Befangenheitsantrag sofort stellen wollen. Schließlich konnte er seinen Befangenheitsantrag gegen den Richter doch stellen.

Richter rügte auch Ruth Elsner

Auch die auf den Zuhörerbänken anwesende Ehefrau Elsners wurde vom Richter gemaßregelt. Als der Richter schilderte, dass Polizisten bei einem vorangegangenen Ladungsversuch Elsners aus der Wohnung Geräusche hörten, die auf die Anwesenheit einer weiteren Person schließen ließen, kommentierte Ruth Elsner dies mit den Worten "lächerlich". "Zwischenrufe aus dem Publikum sind zu unterlassen", so der Richter, sonst werde er die Zwischenrufer aus dem Saal weisen. Nach der Verhandlung meinte Ruth Elsner, an dem Tag sei eine Freundin bei ihr gewesen, außerdem habe sie einen Hund. Ihr Mann habe sich jedenfalls nicht in der Wohnung befunden.

Elsner war ja gestern vom Gerichtsgutachter Professor Günter Leopold Steurer für verhandlungsfähig erklärt worden. Steurer hatte Elsners Befunde bekommen. Die Verteidigung Elsners legte drei Privatgutachten vor, wonach er zu krank sei, um an der Verhandlung teilzunehmen. Elsners Anwalt Jürgen Stephan Mertens wollte gestern Fragen an Steurer stellen, weil er dessen Gutachten anzweifelt - doch dazu bekam er auch heute keine Gelegenheit.

Privatgutachter Elsners: "Kandidat für einen Herzinfarkt"

Elsners Privatgutachter Professor Manfred Deutsch, ein Herzchirurg, schilderte nach der Verhandlung seine Einwände gegen das Gerichtsgutachten Steurers: Dieser spiele die Herzkrankheit Elsners herunter, obwohl dessen drei Bypässe nicht mehr funktionierten. "Elsners Zustand ist heute deutlich schlechter als vor der Operation", meinte er. Steurer habe Elsners Gesundheitszustand als "stabil" bezeichnet, aber "ich würde das bezeichnen als stabilen Krankenstand".

Der 77-jährige Patient habe mehrere Erkrankungen und nehme zahlreiche Medikamente, alleine durch die Nebenwirkungen wie Müdigkeit und mangelnde Konzentrationsfähigkeit sei seine Verhandlungsfähigkeit nicht gegeben. "Er ist ein Kandidat für einen Herzinfarkt". Auch wenn Steurer eine Notfallausrüstung neben dem Gerichtssaal habe, so wäre er in einem tatsächlich eintretendem Notfall, also bei einem Herzinfarkt Elsners im Gerichtssaal, alleine auf verlorenem Posten. Die maximale Stressbelastung während einer Verhandlung wäre für Elsner ein Risiko, ihn dessen absichtlich auszusetzen eine "inhumane Vorgangsweise", so der Arzt.

Unklar, ob Ex-BAWAG-Chef je beim Prozess erscheint

Ob Elsner überhaupt je zum zweiten BAWAG-Prozess kommt, bleibt also damit offen. Der Ex-BAWAG-Boss ist ja schon im ersten Prozess rechtskräftig wegen Untreue zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt, wovon er viereinhalb Jahre abgesessen hat, bis er vergangenen Sommer aus gesundheitlichen Gründen für haftunfähig erklärt worden war und entlassen wurde. Im zweiten BAWAG-Strafprozess ist Elsner nur wegen einer Subsidiaranklage der BAWAG mitangeklagt - die Staatsanwaltschaft hatte auf eine neuerliche Anklage verzichtet.