Wien

Altar statt Spa: Wiens erstes Beauty-Hotel wird Kirche

Kein Wellness, dafür Weihe gibt es in den Räumlichkeiten des einstigen Beauty-Hotels Aphrodite. Dort werden bald katholische Gottesdienste gefeiert.

Yvonne Mresch
Pater George Elsbett leitet das Zentrum Johannes Paul II. Er möchte in der Praterstraße im einstigen Beauty-Hotel eine "Gemeinde von morgen" aufbauen und weiterführen.
Pater George Elsbett leitet das Zentrum Johannes Paul II. Er möchte in der Praterstraße im einstigen Beauty-Hotel eine "Gemeinde von morgen" aufbauen und weiterführen.
Helmut Graf

Auf dem dreistöckigen Haus in der Praterstraße 28 (Leopoldstadt) ist noch immer in geschwungenen goldenen Lettern "Aphrodite" zu lesen. In den 70er-Jahren wurde das selbst ernannte "erste Wiener Beautyfarm Hotel" eröffnet. Gäste des Vier-Sterne-Hotels genossen ein Wellnessangebot, eine Gymnastikhalle, Schwimmbecken und natürlich den Beautysalon.

2008 war Schluss mit Luxus und nach mehreren Jahren Leerstand kaufte schließlich 2021 die katholische Gemeinde "Zentrum Johannes Paul II." das Haus an. Einziehen soll schon bald die sogenannte "Start-Up-Gemeinde", die sich bisher in der Marxergasse (Landstraße) befand.

350 Gemeindemitglieder wechseln in die Leopoldstadt

Der Grund für den Umzug: Platzmangel. Ein Ausbau am Standort war nicht möglich. Denn die Gemeinde ist eine der wenigen, die in Wien stark wächst – mittlerweile zählen 350 Personen dazu (die Anzahl der Messbesucher in Österreich ist hingegen zwischen 2009 und 2019 um 25 Prozent gesunken).

Dass der neue Standort just in einem ehemaligen Beauty-Hotel gefunden werden sollte, hat laut Pater George Elsbett, der die Gemeinde leitet, rein pragmatische Gründe: "Dutzende Objekte wurden geprüft, das Team war jahrelang auf der Suche. Das Haus hat alle Ansprüche, wie etwa den Raum für eine größere Kapelle und einen Wilkommensbereich, erfüllt." Hinzu käme die Nähe zum aktuellen Standort – so könne man die Gemeinde "mitnehmen".

Nostalgische Ecken in Wiens erstem Beauty-Hotel

Das 2011 gegründete Zentrum versteht sich als "Gemeinde von morgen". "Jeder ist willkommen, auch dem Glauben Fernstehende - es ist ein Ort der Begegnung und des Gebets", so Elsbett. "Wir wollen durch die Architektur widerspiegeln, was wir ausstrahlen wollen. Dass wir ein sicherer Ort sind, wo Menschen sich angenommen fühlen können und so sein können wie sie sind. Wo sie Raum zum Entfalten haben und ihre Talente entdecken."

Neben Kapelle und Willkommensbereich soll es Räume für Events, Büros, Klausuren sowie ein Bed & Breakfast geben. Zwei Stöcke werden zusätzlich aufgebaut. Vieles erinnert jetzt noch an die Hotel-Vergangenheit. So befindet sich der Altar im ehemaligen Spa, das mit Glas überdacht ist. Im ersten Stock sind noch die verzierten Glaswände des Wellnessbereichs zu sehen.

"Wir überlegen, sie möglicherweise zu versteigern", so Elsbett. "Oder eine Art nostalgisches Eck mit Erinnerungen zu gestalten." Nicht nur der Historie wegen ist das Interesse am Umbau groß: "Viele gehen vorbei und fragen, was hier gebaut wird. Wir haben auch schon wirklich schöne Geschichten erlebt", so Höfer. "Das Hotel steht schon lange leer und die Leute sind interessiert daran, was hier passiert."

"Pfarre von morgen": Eine Kirche in der digitalen Welt

Der Fokus des Zentrums Johannes Paul II. liegt auf der Digitalisierung. So können Gottesdienste live mitverfolgt, Predigten online nachgesehen, Podcasts produziert und sich auf Youtube Beziehungstipps geholt werden. Irgendwann möchte man sogar ins Metaverse einsteigen und damit die digitale Kirche weitertreiben, erklärt Klemens Höfer, operativer Leiter. "Wir wollen am Ball bleiben und Trends nützen. Gerade seit Corona müssen wir neu überlegen, wie Kirche vor Ort aussehen soll." So gibt es unterschiedliche Messen, wie etwa speziell für Familien, Schüler oder Studenten.

Die Sanierung des Gebäudes startet noch in diesem Jahr. Finanziert werden Kauf und Umbau ausschließlich aus Spenden. Eine Fundraising-Kampagne läuft bereits, 900.000 Euro werden benötigt. Die Eröffnung ist für Anfang 2024 anberaumt. Mehr Infos gibt es hier.

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