Wien

"Bei uns ist die Friday's for Future-Generation Kunde!"

Im Wiener "Werksalon" setzt man auf Nachhaltigkeit: Bei Tapezier- und Tischlerworkshops lernen auch Laien, wie man Möbel einfach repariert.

Yvonne Mresch
Gemeinsam mit ihrem Partner gründete Antoinette Rhomberg (42) vor knapp zehn Jahren den "Werksalon". Hobbytüftler und ausgebildete Tischler finden hier in Zeiten des Fachkräftemangels einen Platz, um ihre Leidenschaft auszuleben.
Gemeinsam mit ihrem Partner gründete Antoinette Rhomberg (42) vor knapp zehn Jahren den "Werksalon". Hobbytüftler und ausgebildete Tischler finden hier in Zeiten des Fachkräftemangels einen Platz, um ihre Leidenschaft auszuleben.
Denise Auer

"Ich bin eigentlich Informatiker", lacht Martin, während er das Holz für ein Wohnzimmerregal schleift. "Aber wenn ich hier arbeite, halte ich danach ein Ergebnis in den Händen und das macht einfach Spaß!" Der 25-jährige ist seit einem Jahr Stammgast im "Werksalon" in der Stadlauer Straße (Donaustadt).

2.000 Möbel von Hobbytüftlern angefertigt

Auf 500 Quadratmetern kann im liebevoll betitelten "Co-Making-Space" (angelehnt an den Co-Working-Space) gebastelt, getischlert und getüftelt werden. Platz finden sowohl gewerbliche, als auch Freizeitnutzer: So haben hier Tischler ihren fixen Standort, werden vom Team mit Marketing und Kundensuche unterstützt. Gleichzeitig können Hobbybastler ihre Leidenschaft ausleben - wie Carina, die eine alte Kredenz ihrer Oma repariert. "Das Möbelstück bedeutet mir viel, weil es so etwas wie ein Erbstück ist", erzählt die 32-jährige. Im "Werksalon" hat sie das passende Equipment und den Ort, um dem Regal wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Vorab ist ein Kurs nötig, um die Sicherheit gewährleisten zu können - dann kann es losgehen. Über 2.000 Möbel wurden bereits von Freizeitnutzern angefertigt.

"Nachhaltigkeit ist bei uns ganz logisch"

"Ein klassischer Handwerksbetrieb sind wir nicht", lacht Inhaberin Antoinette Rhomberg. "Aber ein Ort, wo Handwerk gelebt und erlebt wird." Die 42-jährige Betriebswirtin gründete den "Werksalon" vor knapp zehn Jahren gemeinsam mit ihrem Partner Martin Popouschek, der selbst Tischler ist. "Er hat einen Ort gesucht, wo er sich einmieten kann und es war schwieriger als gedacht. Also haben wir uns entschieden, es einfach selbst zu machen", so die Unternehmerin.

Am Standort arbeiten Tischler, nehmen Tapezierern, Drechslern, Raumausstattern oder Jungdesignern, die im Atelier Schmuck, Taschen oder Strickwaren kreieren. Nicht zuletzt in Zeiten des Fachkräftemangels eine wichtige Einrichtung, wie die Chefin findet. Und: Nachhaltigkeit sei hier Teil des Alltags. "Wir denken darüber gar nicht nach, weil es hier sowieso gelebt wird. Möbel zu reparieren statt wegzuschmeißen ist nachhaltig. Wir heizen mit den eigenen Spänen und was für den einen Abfall ist, ist für den Drechsler ein Fundus."

Preise um ein Drittel gestiegen

Das einzige Problem: Auch in diesem Sektor sind die Probleme der Zeit spürbar. "Wir haben Lieferengpässe bei Materialien und spüren auch die Teuerungen stark. Wir benutzen fast nur Naturmaterialien", so Rhomberg. Um ein Drittel wären die Preise bereits gestiegen - das müsse man leider auch an die Kunden weitergeben.

Für alle die Interesse an "Do it yourself"-Möbeln haben, denen aber das Know-How fehlt, bietet der "Werksalon" auch Workshops an. 30 bis 40 Tischler- und Polster-Kurse finden jährlich statt. "Polstermöbel sind gemacht für die Ewigkeit", so Rhomberg. "Man muss sie nur neu überziehen." Kosten: 180 Euro plus Materialkosten für einen Tag. Wer sich für ein Projekt oder längerfristig einmieten möchte, kann unterschiedliche Pakete wählen. Auch Projektberatungen sind möglich.

"Haben mittlerweile viele junge Leute bei uns"

Klimawandel und das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde haben auch einen Wandel im "Werksalon" spürbar gemacht. "Menschen ab 40 Jahren sind nicht damit aufgewachsen, Dinge wegzuschmeißen und einfach neu zu kaufen. Aber mittlerweile haben wir auch viele junge Leute bei uns", berichtet die Inhaberin. "Es ist die Generation 'Fridays for Future' die sich für die Workshops und Kurse interessiert und nun auch zu unseren Kunden zählt."

In Martin hat die Tätigkeit im "Werksalon" etwas bewegt. "Ich möchte eine Lehre beginnen und Tischler werden", ist er mittlerweile sicher. Das Regal fürs Wohnzimmer sei erst der Anfang. Im "Werksalon" sind noch ein paar Plätze frei. Infos und Anmeldung auf www.werksalon.at

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