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Beide Seiten werfen sich Bruch der Waffenruhe vor

Heute Redaktion
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Bild: Reuters

Nach der Einigung von Kiew mit den prorussischen Rebellen auf eine Waffenruhe in der Ostukraine haben beide Seiten von einem Ende der Kämpfe berichtet. Um Punkt 18.00 Uhr (17.00 MESZ) wurde das Feuer eingestellt - nach fast 5 Monate dauernden Gefechten.

von Kiew mit den prorussischen Rebellen auf eine Waffenruhe in der Ostukraine haben beide Seiten von einem Ende der Kämpfe berichtet. Um Punkt 18.00 Uhr (17.00 MESZ) wurde das Feuer eingestellt - nach fast 5 Monate dauernden Gefechten. Samstag warfen die Separatisten Kiew einen Raketenbeschuss vor - die Behörden und Kiew dementierten. Im Gegenzug warf auch die Ukraine den Separatisten Angriffe vor.

Der geplante Austausch von Gefangenen als Grundlage für die Waffenruhe begann am Samstag. Die Separatisten halten angeblich über 1.000 ukrainische Soldaten gefangen, die prowestliche Regierung etwa 200 moskautreue Kämpfer. Die Konfliktparteien haben sich laut OSZE auch auf einen Truppenabzug und das Abziehen schwerer Waffen geeinigt sowie auf humanitäre Hilfslieferungen für das Krisengebiet. Trotzdem bleibt die Abspaltung der ostukrainischen "Volksrepubliken" das übergeordnete Ziel der Separatisten.

Die Separatisten haben den Regierungstruppen aber vorgeworfen, die Waffenruhe gebrochen zu haben. In den Außenbezirken von Donezk habe es am Freitagabend Raketenbeschuss gegeben, sagte der Separatistenvertreter der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Wladimir Makowitsch. Zudem sei aus der nahegelegenen Region Saporischija ein Konvoi mit schweren Waffen eingetroffen.

Neue Kämpfe angekündigt

Die Separatisten wollten ihren Kampf für die Unabhängigkeit der Ostukraine deshalb fortsetzen, kündigte Makowitsch an. Die örtlichen Behörden hatten zuvor berichtete, die vereinbarte Feuerpause sei eingehalten worden. Kiew warnte zugleich vor Provokationen durch die pro-russischen Separatisten. "Am Flughafen von Donezk versuchten die Terroristen etwa, die Regierungseinheiten mit Flammenwerfern zu provozieren", sagte er.

Vertreter Kiews, Moskaus, der Separatisten und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren am Freitag in der weißrussischen Hauptstadt Minsk zusammengekommen, um den seit fünf Monaten andauernden Kämpfen mit fast 2600 Toten ein Ende zu setzen. Die Konfliktparteien vereinbarten dort unter anderem eine Waffenruhe, einen Truppenabzug und den Austausch aller Gefangenen. Die Waffenruhe trat am Freitag offiziell um 18.00 Uhr Ortszeit (17.00 Uhr MESZ) in Kraft. Makowitsch zufolge soll die Feuerpause gegen 21.00 Uhr gebrochen worden sein.

Ukraine konterm mit eigenen Vorwürfen

Nach dem Vorwurf der Separatisten gegen die ukrainischen Regierungstruppen, die Waffenruhe im Osten des Landes gebrochen zu haben, hat Kiew umgekehrt die Separatisten eines Bruchs der Feuerpause beschuldigt. "Wir haben eine Reihe von Provokationen durch die Rebellen vorliegen", sagte Armeesprecher Andrej Lyssenko am Samstag vor Journalisten.

Die Separatisten hätten am Freitag 28 Mal auf ukrainische Einheiten geschossen, zehn der Vorfälle hätten sich nach Inkrafttreten der Waffenruhe ereignet.

EU-Sanktionen bleiben

Von Seiten der EU kommen naturgemäß positive Reaktionen, wenn auch vorsichtig positive. Großbritanniens Premierminister David Cameron freut sich über die "gute Nachricht" einer Waffenruhe, will aber noch an den Sanktionen gegen Russland festhalten. Für ein Ende der Strafmaßnahmen brauche es mehr als eine Waffenruhe, nämlich einen "vernünftigen Friedensplan".

"Die Waffenstillstands-Vereinbarung muss nun von allen Seiten respektiert und voll umgesetzt werden", teilte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitagabend in Brüssel mit. Ähnlich der französische Präsident Francois Hollande: "Die Sanktionen werden weiter umgesetzt werden. Und sie werden erst aufgehoben werden, wenn es Beweise für den Waffenstillstand und die politische Lösung gibt." Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel teilt diese Auffassung.

USA drohen mit NATO-Bund

Skeptisch ist auch US-Präsident Barack Obama. "Was den Waffenstillstand angeht, sind wir einerseits hoffnungsvoll, mit Blick auf frühere Erfahrungen aber auch skeptisch", so Obama am NATO-Gipfel im walisischen Newport. Und er wiederholte Richtung Moskau, dass die Militärallianz jeden ihrer Verbündeten gegen einen Angriff verteidigen würde.

Fischer misstrauisch

Bundespräsident Heinz Fischer schätzt das Verhalten von Russlands Präsident Wladimir Putin als "misstrauensbildend" ein. Vor allem weil Russland leugne, dass seine Soldaten involviert seien. Im Interview mit der Tageszeitung "Der Standard" wünscht Fischer dem Waffenstillstand trotzdem "Erfolg". Den verteidigt das Staatsoberhaupt weiterhin: "Ich halte die Entscheidung auf der Basis der damals vorliegenden Fakten für absolut richtig."

NATO rüstet auf

Die NATO ihrerseits beschloss bei ihrem Treffen am Freitag, ihre militärische Präsenz in Osteuropa hochzufahren. Vor allem die Annexion der Krim und die Unterstützung der Rebellen durch den Kreml hatten das Verteidigungsbündnis überrascht, besonders Polen und die baltischen Staaten fühlen sich bedroht.

Die Militärallianz entschied den Aufbau einer neuen Krisen-Eingreiftruppe sowie einen Aktionsplan für Osteuropa. Die als "Speerspitze" bezeichnete Truppe mit einer Stärke von mehreren tausend Soldaten soll im Krisenfall innerhalb weniger Tage einsatzbereit sein. Dafür baut die NATO ihre Stützpunkte und Infrastruktur aus und verlegt Truppen und Material dorthin.