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Drei Kinder entschieden sich bewusst für den Tod

In Belgien dürfen unheilbar kranke Kinder Sterbehilfe bekommen. Seit fünf Jahren besteht die entsprechende – äußerst umstrittene – Regelung.

Heute Redaktion
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Das Thema polarisiert enorm, immerhin geht es um "würdevolles Sterben" – für viele schon ein Widerspruch in sich. Auf einen grünen Zweig kommen angesichts der tabuisierten Angelegenheit die Wenigsten. Aktive Sterbehilfe ist nur in wenigen Ländern innerhalb der EU erlaubt. Darunter wird das gezielte Herbeiführen des Todes auf Wunsch der im Sterben liegenden Person verstanden.

In den Niederlanden etwa dürfen unheilbar kranke Personen ab zwölf Jahren und in Luxemburg ab der Volljährigkeit aktiv "von ihrem Leiden erlöst" werden. In Österreich ist aktive Sterbehilfe untersagt und strafbar.

Nicht strafbar ist hingegen die passive Sterbehilfe, das heißt wenn auf ausdrücklichen Wunsch auf lebensverlängernde Maßnahmen – etwa durch eine gültige Patientenverfügung – verzichtet wird. Erlaubt ist auch die aktive indirekte Sterbehilfe, worunter man medizinische Maßnahmen versteht, die das Leiden eines Menschen unter Einsatz von schmerzlindernden Medikamenten beenden, auch wenn dadurch möglicherweise der Sterbeprozess verkürzt wird.

Rasche Hilfe in vermeintlich auswegslosen Situationen bieten mehrere Stellen in Österreich:

Rat auf Draht
Unter der Telefonnummer 147 ist ein Notruf für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen eingerichtet: Kostenlos, rund um die Uhr, ohne Vorwahl, anonym.

Telefonseelsorge
Gesprächsunterstützung in Krisen, bei Problemen, zur Entlastung, kostenlos und rund um die Uhr, ohne Vorwahl unter 142, anonym.

Kriseninterventionsteam
Telefonberatung unter 01 / 406 95 95 von Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr. Persönliche Erstgespräche können nach telefonischer Rücksprache von Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr in der Lazarettgasse 14A, 1090 Wien geführt werden.

In Belgien dürfen Kinder selbst entscheiden

Einmalig ist allerdings die belgische Regelung, die aktive Sterbehilfe ohne Altersgrenze erlaubt. Vor fünf Jahren wurde die entsprechende Ausweitung des Gesetzes beschlossen und löste heftige Diskussionen aus. Auch Minderjährige sollen die freie Wahl und ein entsprechendes Mitspracherecht haben, hatte die staatliche Sterbehilfe-Kommission in Belgien entschieden.

Mindestens dreimal wurde die Sterbehilfe bei Kindern seither durchgeführt: bei einem neunjährigen, einem elfjährigen und einem 17-jährigen Kind. Ein Patient hatte an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose, ein anderer an bösartigen Tumoren im Kopf und der Dritte an der Duchenne-Muskeldystrophie, einer bestimmten Art des Muskelschwunds, gelitten.

Damit das Töten auf Verlangen erlaubt ist, müssen die Patienten unter starken Schmerzen leiden – und ein entsprechendes medizinisches Gutachten darüber vorliegen. Zudem muss ein Psychologe bestätigten, dass der Kranke urteilsfähig ist. Bei Minderjährigen müssen zudem die Eltern zustimmen.

Umstrittener Tabubruch

Die belgische Regelung ist auch nach fünf Jahren noch stark umstritten. Kritiker argumentieren, dass sich die Gesellschaft allmählich daran gewöhnen würde. Das würden auch die Fallzahlen seit der generellen Einführung der Euthanasie im Jahr 2002 belegen. Während es 2004 noch 349 Fälle waren, ist die Zahl 2013 auf 1.807 gestiegen. Positiv betrachtet wird, dass sich aufgrund des Tabubruchs immer mehr Belgier aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und auch offen etwa über palliativmedizinische Behandlungen sprechen würden.

Der netdoktor-Podcast zur Sterbehilfe >>

(ek)