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Belgien legalisiert Sterbehilfe für Kinder

Heute Redaktion
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Bild: Fotolia

Belgien legalisiert die Sterbehilfe gegen den Widerstand der Kirchen auf todkranke Kinder und Jugendliche. Nach hitzigen Debatten hat das belgische Parlament in Brüssel eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen. Demnach können unheilbar kranke Minderjährige - etwa krebskranke Kinder - auf ihren erklärten Wunsch hin ärztlich getötet werden.

Belgische Ärzte erwarten künftig etwa ein Dutzend  solcher Fälle pro Jahr. Belgien ist damit weltweit das erste Land, das aktive Sterbehilfe auf Kinder und Jugendliche ohne jegliche Altersgrenze ausdehnt, wie eine Parlamentssprecherin der Nachrichtenagentur dpa sagte. Vor allem die Kirchen und Patientenverbände kritisieren das Vorhaben.

In Europa erlauben auch die Niederlande das aktive Töten von Minderjährigen auf Verlangen, jedoch erst ab 12 Jahren. Anders als in Österreich ist aktive Sterbehilfe für Erwachsene in Belgien schon seit 2002 erlaubt. Immer mehr Menschen nutzen diese Möglichkeit: 2012 schieden mehr als 1.400 Belgier auf diese Weise aus dem Leben.

Spezielle Regeln

Die neuen Regeln für Minderjährige sehen aber enge Grenzen vor. Voraussetzung ist - anders als bei Erwachsenen - dass der kleine Patient unheilbar krank ist. Er muss unter starken Schmerzen leiden, für die es keine Medikamente zur Linderung gibt. Ein Psychologe soll bezeugen, dass der Patient urteilsfähig und in der Lage ist, die Entscheidung zum Sterben zu fassen. Die Eltern müssen zustimmen.

König muss zustimmen

Der belgische Senat hatte bereits Ende vergangenen Jahres dem Vorhaben zugestimmt. Nun muss Belgiens König Philippe das Gesetz noch unterzeichnen, was allgemein erwartet wird. Dann könnten die neuen Regeln in einigen Wochen oder Monaten in Kraft treten. Im Parlament stimmten 86 Abgeordnete für die neuen Regeln, 44 dagegen. 12 Parlamentarier enthielten sich.

Lesen Sie auf der nächsten Seite über die Gesetze zur Kinder-Sterbehilfe in anderen Staaten:

Österreich

In Österreich hat die Regierung in ihrem Arbeitsprogramm eine Enquete-Kommission über die Frage eines in der Verfassung festgeschriebenen Verbots der Sterbehilfe angekündigt, einen konkreten Fahrplan dafür gibt es allerdings noch nicht.

Deutschland

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe verboten, Beihilfe zum Suizid dagegen straffrei. Die Grenzen zwischen den "verschiedenen Formen der Mitwirkung beim Sterben" seien jedoch oft "fließend und schwer zu bestimmen", erklärt der deutsche Ethikrat. Im Bundestag wird daher ein neues Gesetz zur Sterbehilfe vorbereitet.

Benelux

In den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ist aktive Sterbehilfe durch den Arzt erlaubt. Voraussetzung sind eine unweigerlich zum Tod führende Krankheit des Patienten und dessen ausdrückliche Willensäußerung. Außerdem müssen die Betroffenen voll zurechnungsfähig sein. In den Niederlanden gilt diese Regelung bereits für Kinder ab zwölf Jahren.

Schweiz

Die Schweiz nimmt die Beihilfe zum Suizid hin, sie ist aber nicht ausdrücklich erlaubt. Laut Gesetz ist es strafbar, jemandem "aus selbstsüchtigen Beweggründen" bei der Selbsttötung zu helfen. Wird dem Helfer aber kein solcher Beweggrund nachgewiesen, wird er nicht bestraft. Organisationen wie "Exit" und "Dignitas" bieten Beihilfe zum Suizid als eine Art Dienstleistung an. Aktive Sterbehilfe ist hingegen auch in der Schweiz verboten.

Frankreich

In Frankreich dürfen Ärzte einen unheilbar kranken Patienten "sterben lassen", sein Leben aber nicht aktiv beenden. Einem "Gesetz über Patientenrechte am Lebensende" vom Jahr 2005 zufolge kann ein Patient auf eigenen Wunsch schmerzstillende Mittel bekommen, auch wenn diese seinen Tod beschleunigen können. Die Ärzte dürfen auch lebensverlängernde Maßnahmen - wie künstliche Beatmung - einstellen.

Derzeit wird über ein Gesetz zur Sterbehilfe diskutiert, wie es Staatspräsident Francois Hollande vor zwei Jahren im Wahlkampf versprochen hatte. Ein im Auftrag Hollandes eingesetztes Bürgergremium sprach sich im Dezember dafür aus, Beihilfe zum Suizid für sterbende oder unheilbar kranke Patienten zuzulassen.

Griechenland

In Griechenland, wo die orthodoxe Kirche sehr einflussreich ist, gilt Sterbehilfe als Beleidigung Gottes und ist streng verboten. Auch Beihilfe zu Suizid ist nicht erlaubt.

USA

Auch in den USA ist aktive Sterbehilfe generell verboten, der Freitod mit ärztlicher Hilfe aber in einigen Bundesstaaten erlaubt. Oregon ermöglichte 1994 nach einer Volksabstimmung als erster US-Staat die ärztliche Sterbehilfe für unheilbar Kranke. 1997 wurde das Gesetz in einer zweiten Abstimmung erneut angenommen. Zwei Ärzte müssen bescheinigen, dass der Kranke voraussichtlich nur noch weniger als sechs Monate zu leben hat. Der Betroffene muss volljährig sein und seinen Sterbewunsch mehrfach mündlich wie schriftlich äußern.