Die Affäre um das Datenleck am Wiener Straflandesgericht in der Josefstadt hat sehr viel größere Ausmaße als bisher angenommen. Richter, Staatsanwälte und Schreibkräfte dürften systematisch sensible Akten zu teils noch laufenden Verfahren ungeschreddert im Altpapier entsorgt haben.
Der Blogger Marcus Oswald hat nach eigener Aussage über Monate hunderte Seiten an gezogen. Das Nachrichtenmagazin "profil" hat den Aktenfund nun genau unter die Lupe genommen. Es handelt sich um größtenteils unversehrte Aktenstücke zu dutzenden, auch sehr prominenten Verfahren (Meinl, Telekom Austria, Mirko Kovats, YLine), die personenbezogene Daten enthalten.
Heikle Unterlagen
In dem Papierberg fanden sich Observationsberichte, Anordnungen zu Hausdurchsuchungen, Kontenöffnungen und Telefonüberwachungen, Einvernahmeprotokolle, Strafanträge, Vorhabensberichte, Haftlisten, Datenblätter zu Beschuldigten, Asservatenaufstellungen, Rechtshilfeersuchen, Verhandlungsprotokolle und Urteile. Dazu noch privates Material von Justizbediensteten wie Reisebuchungen, Buchbestellungen und Führerscheinkopien.
Entsorgung umgestellt
Die Affäre hat innerhalb der Wiener Justiz für erhebliche Unruhe gesorgt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt offiziell wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Sollte der Fehler im eigenen Bereich passiert sein, läge mangels Schädigungsvorsatz wohl kein strafrechtlicher Tatbestand vor. Als erste Reaktion ist das System der worden.