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Berlusconi 3 Stunden lang in Dell'Utri-Fall verhört
Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi ist am Mittwochnachmittag drei Stunden lang als Zeuge im Dell'Utri Erpressungsfall einvernommen worden.
Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi ist am Mittwochnachmittag drei Stunden lang als Zeuge im Dell'Utri Erpressungsfall einvernommen worden.
Die Befragung durch die sizilianischen Justizbehörden fand in einer Polizeikaserne in Rom statt. Vernommen wurde der Medienzar in Zusammenhang mit einer Untersuchung gegen seinen Vertrauensmann, den skandalumwitterten Senator Marcello Dell'Utri. Dieser wird verdächtigt, Berlusconi erpresst zu haben. "Berlusconi hat alle Aspekte dieser Angelegenheit geklärt", berichtete der Rechtsanwalt des Ex-Ministerpräsidenten Nicolo Ghedini nach Ende der Vernehmung.
Der Senator Dell'Utri soll laut den Ermittlern vom TV-Unternehmer Geld gefordert haben, um über angebliche Kontakte zwischen dem damals aufsteigenden Geschäftsmann Berlusconi und der Mafia in den 70er Jahren zu schweigen.
Dell'Utri soll der "Verbindungskanal" zwischen dem bis zum vergangenen November amtierenden Ministerpräsidenten und der Cosa Nostra gewesen sein. Bereits im Juli war die älteste Tochter Berlusconis, Marina, befragt worden und hatte angegeben, weder vom Konto noch von den Geldüberweisungen zugunsten Dell'Utris informiert gewesen zu sei.
40 Mio. an Dell'Utri
Die Staatsanwälte stellten fest, dass Berlusconi zwischen 2000 und 2012 Dell'Utri 40 Millionen Euro überwiesen hat. Berlusconi hatte unter anderem im vergangenen Frühjahr eine Villa am Comer See im Besitz Dell'Utris für 20 Millionen Euro erworben. Die Ermittler vermuten, dass der Medienzar einen stark überhöhten Preis für die Villa gezahlt hat, weil er von Dell'Utri erpresst worden sei. Dieser habe Berlusconi gedroht, den Justizbehörden über seine Beziehungen zur Cosa Nostra zu berichten. Dell'Utri wies die Vorwürfe entschieden zurück.
Das Kassationsgericht in Rom, die dritte und letzte Instanz im italienischen Strafsystem, hatte im März einen Prozess gegen Dell'Utri wegen Mafia-Verstrickungen, bei dem der Senator zweitinstanzlich zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war, für ungültig erklärt und dem Einspruch Dell'Utris stattgegeben. Das Verfahren muss nun neu aufgerollt werden. Der Senator von Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta') war schuldig gesprochen worden, Kontakte zur sizilianischen Cosa Nostra gepflegt zu haben.
Berlusconi soll Schutzgeld bezahlt haben
Es sei während des Verfahrens bewiesen worden, dass der Sizilianer Dell'Utri "Vermittlungsaktivitäten" zwischen dem Mafia-Clan und dem aufstrebenden Mailänder Geschäftsmann wahrgenommen habe, hieß es im Urteil. Die Mafiabosse boten Berlusconi demnach "Schutz" an. Berlusconis Medienimperium Fininvest habe dem Clan wiederum "Schutzgeld" gezahlt, um die Gefahr einer Entführung des Unternehmens und seiner Familienangehörigen abzuwenden.
Berlusconi ging erst in den 1990er Jahren in die Politik. Die Jahre zuvor, in denen er sein Geschäftsimperium aus Bau- und Medienunternehmen aufbaute, sind seit Jahren Basis von Verschwörungstheorien.
(APA/red)