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Beweisfoto für Strafzettel, obwohl Lenker im Auto saß

Heute Redaktion
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Das Beweisfoto soll den "Parksünder" überführen.
Das Beweisfoto soll den "Parksünder" überführen.
Bild: Leserreporter, privat

"Heute"-Leser Peter bekam einen der bekannten "Tischler-Briefe" aus Kroatien zugeschickt. Darin steckten Strafzettel, die Jahre zurück liegen.

Niemand bekommt gern einen Strafzettel. Die meisten Autofahrer ärgern sich über die Parkstrafen, doch bezahlen muss man sie trotzdem. Besonders bitter wird es dann, wenn die Vergehen viele Jahre zurück liegen und hunderte Euro kosten. Immer mehr Österreicher bekommen nun solche dubiosen Briefe mit Strafmandaten aus Kroatien zugeschickt.

Diese Schreiben werden auch "Tischler-Briefe" genannt. Grund dafür ist, dass es sich bei dem Absender immer um den Anwalt Mirko Silvo Tischler handelt. Der fordert die Empfänger zu einer Zahlung von rund 200 Euro auf. Zum Anwaltsschreiben ist auch ein Foto des Fahrzeugs beigelegt - und "europäische Grüße" im Anhang. (siehe Diashow unten)

"Beweisfoto, obwohl ich noch im Auto saß"

Einer der betroffenen ist Peter S. (34) - er verbrachte einige Jahre im sonnigen Balkan-Staat als Tauchlehrer. Gleich sechs Schreiben bekam Peter von Herrn Tischler, die sich auf drei Fahrzeuge bezogen und teils Jahre zurück lagen - in Summe solle der 34-Jährige 600 Euro zahlen.

Das besondere an einem von den Strafzetteln ist: Auf einem Beweisfoto sitzt Peter S. selbst noch mit offenen Türen im Auto. Er konnte also noch gar keinen Parkschein erwerben. Auch ein Strafmandat ist hinter den Scheibenwischern nicht zu erkennen.

Viele betroffene "Parksünder" vermuten hinter der Forderungen des kroatischen Anwalts eine illegale Abzocke. Zum Teil werden mehrere hundert Euro von den Autolenkern gefordert. Doch die Strafzettel sind rechtlich gesehen tatsächlich in Ordnung.

ÖAMTC-Rechtsexpertin Verena Pronebner erklärte im Interview mit "Kosmo": "Es ist die Art und Weise, die Höhe der Forderung und die Systematik dahinter, die viele Fragen aufwirft. Es erinnert eben mehr an Abzocke und an ein lukratives, dubioses Geschäftsmodell."

Sind sie betroffen? Dann schicken Sie uns ein Mail an [email protected] und schildern Sie uns Ihren Fall!



200 Beschwerden pro Woche



Bei Tischler handelt sich um einen Anwalt, der seinen Sitz sowohl in Slowenien als auch in Österreich eingetragen hat. Er betreut einige Parkraumbewirtschaftungen in Kroatien, dabei aber vor allem in den touristischen Hot-Spots wie Vodice, Umga, Opatija, Zadar, Losinj und auch die Hauptstadt Zagreb.

Wie viele Österreicher tatsächlich ein Schreiben von Tischler erhalten haben, ist nicht ganz klar. Der ÖAMTC schätzt die Zahl auf 15.000 bis 20.000 Betroffene.

"Alleine beim ÖAMTC langen zurzeit wöchentlich um die 200 Beschwerden ein, meistens eben mit der Frage, wieso denn die Kosten in Kroatien für ein Parkvergehen so enorm hoch sind", sagt ÖAMTC-Rechtsexpertin Verena Pronebner zu "Kosmo".

Auf Anfrage spricht Tischler jedoch von "einigen hundert Fällen". Gleichzeitig erklärt er in einer Mail, wie die Summe errechnet wird: Laut Tischler kommen zur Parkstrafe auch Verwaltungsabgaben und Anwaltskosten hinzu. Darüber hinaus komme es auf die jeweilige Parkraumzone an. Hier würden die Kosten variieren.

Dubiose Fotos als Beweismaterial



Laut ÖAMTC-Rechtsexpertin ist die Summe aber dennoch zu hoch angesetzt. Üblich wäre eine Strafe zwischen 60 und 80 Euro, so Pronebner.

Viel gegen das Schreiben tun könne man nicht. Das Eintreiben des Geldes ist nämlich rechtlich vollkommen in Ordnung. Tischler erklärt zudem, dass man bei einer Nicht-Zahlung "gegebenfalls weitere – nunmehr gerichtliche Schritte seitens der in Kroatien vor Ort ansäßigen Rechtsanwälte eingeleitet werden, sofern keine außergerichtliche Einigung mit den Autofahrern erzielt wird".

Einen bitteren Beigeschmack bekommt die Sache, wenn den vermeintlichen Parkplatz-Sündern ein Foto aus dem Jahr 2013 zugeschickt wird, in denen ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer liegt. Gegenüber dem ÖAMTC berichten die Geschädigten, dass sie erst auf dem Foto die Benachrichtigung gesehen hätten. Vor Ort hätten sie nämlich nur 20 Euro zahlen müssen, wenn sie den Zettel entdeckt und die Strafe gleich beglichen hätten.

Aus diesem Grund empfiehlt der ÖAMTC gegebenenfalls entwertete Tickets bis zu fünf Jahre aufzuheben - für alle Fälle. Auch sei eine Rechtsberatung in Betracht zu ziehen, oder beim Unternehmen in Kroatien selbst anzurufen, um die Situation zu klären.

Ranko Vlatkovic, der Leiter der Tourismus-Zentrale in Wien, meint, dass es nur ein Mittel gegen die "Abzocke" gebe: Man solle aufpassen, wo man sein Auto abstellt.

(slo/mz)

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