Weil er Angst hatte, "aufgefressen" zu werden, habe er einem Straßenbahnfahrer an der Endstation der Linie 46 ein Winkeleisen auf den Kopf geschlagen. Das erklärte ein psychisch Kranker am Donnerstag im Wiener Landesgericht. Der Mitarbeiter der Wiener Linien war bei dem Vorfall lebensgefährlich verletzt worden. Der Täter wurde in eine Anstalt eingewiesen.
Weil er Angst hatte, "aufgefressen" zu werden, habe er einem Straßenbahnfahrer an der Endstation der Linie 46 . Das erklärte ein psychisch Kranker am Donnerstag im Wiener Landesgericht. Der Mitarbeiter der Wiener Linien war bei dem Vorfall lebensgefährlich verletzt worden. Der Täter wurde in eine Anstalt eingewiesen.
Zu dem Gewaltausbruch kam es am 5. Juni 2014 am Joachimsthalerplatz in Wien-Ottakring, nachdem der Tramwayfahrer die Straßenbahngarnitur in die Warteschleife gelenkt hatte. Als er bemerkte, dass am hintersten Sitzplatz noch ein Mann saß, ging der 34-Jährige nachschauen. Der Fahrer stellte fest, dass der Mann nicht eingeschlafen war, worauf er sich wieder umdrehte, um dem Fahrgast die Tür zu öffnen.
Der Mann erhob sich allerdings, folgte dem 34-Jährigen und schlug diesem mit beiden Händen ein Winkeleisen auf den Kopf. Zwei weitere Schläge, die den Nacken und die Schulter trafen, setzte er hinterher. Der erste Hieb drückte dem Straßenbahnfahrer den Schädel ein. Der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp stellte nicht weniger als elf singuläre Knochenbruchfragmente fest. "Bei nicht sachgerechter sofortiger Behandlung wäre mit dem Eintritt des Todes zu rechnen gewesen", betonte Klupp. Dem Schwerverletzten musste im Spital ein Titannetz eingesetzt werden, da sich die Schädeldecke ansonsten nicht mehr schließen hätte lassen.
"Damit er mich nicht frisst"
Auf den Straßenbahnfahrer habe er eingeschlagen, weil er dachte, "dass er mich zerfleischt". Er habe befürchtet, "dass er mich in die Remise einezahrt und auffrisst. Ich wollt' ihn am Kopf treffen, dass er mich nicht frisst". Er sei "überrascht", dass der Fahrer "fast gestorben wäre", sagte der 39-Jährige. Es tue ihm leid, "den Falschen" erwischt zu haben: "Durch meine Krankheit bin ich auszuckt."
"Ich wollte mich wehren. Aber ich war wie angenagelt. Ein Schock, vom Gehirn weg. Eine Blockade", schilderte der Tramwayfahrer im Anschluss die dramatischen Szenen, nachdem er den ersten Schlag verspürt hatte. "Wenn's drei Millimeter tiefer gewesen wäre, wär' ich gestorben", hielt er fest. Er habe nach wie vor Schmerzen, "und wenn ich spreche, bleibe ich oft hängen". Auf die Frage, wie es ihm psychisch gehe, meinte der Mitarbeiter der Wiener Linien: "Ich bin ein Kämpfer. Von klein auf. Ich will nicht aufgeben. Ich bin froh, dass ich wieder arbeiten kann."
Kollegin rettete ihm das Leben
Der 34-Jährige dürfte sein Leben einer Kollegin verdanken, die sich als Fahrschülerin zu Ausbildungszwecken neben ihm in der Straßenbahn befunden hatte. Als die 41 Jahre alte Frau die Schläge mitbekam, betätigte sie den Alarmknopf. Der Täter ergriff die Flucht, versteckte unweit vom Tatort das Winkeleisen, konnte aber am Abend desselben Tages in einem Altersheim von der Polizei aufgegriffen werden, wo er - mit einem Messer bewaffnet - aufgefallen war.
Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem 39-Jährigen um einen psychisch Schwerkranken. Der Mann leidet an einer paranoiden Schizophrenie, war damit nicht zurechnungsfähig und deshalb nicht schuldfähig. Weil zu befürchten sei, dass der Mann wieder Straftaten mit schweren Folgen setzen könnte, wurde er in eine Anstalt eingewiesen.
"Ich müsste eigentlich belobigt werden"
Der Verurteilte machte vor den Geschworenen wirre Angaben. Mehrfach unterbrach er den Vortrag des Staatsanwalts, den Gerichtsmediziner bezeichnete er abfällig als "G'scheitling". Der Mann lebt in der Vorstellung, in Wien tobe ein Bürgerkrieg zwischen der Polizei und "türkischen Kämpfern". Immer wieder vermeint er, Schüsse zu hören: "Dreieinhalb Tage haben's herumg'schossen. Es war a Wahnsinn".
Wenn er seine Wohnung verlasse, stecke er "als Verteidigungsinstrument" immer einen am Westbahnhof entwendeten Metallwinkel ein. Eigentlich müsse er ja "belobigt" werden, meinte der 39-Jährige: Er habe auf seinen "Rundgängen" nämlich schon "die Mafia in der Schönbrunner Straße meier gemacht".
Attacke kein Einzelfall
In den vergangenen Monaten ist es mehrfach zu Übergriffen auf Mitarbeiter der Wiener Linien gekommen. Erst Anfang Oktober wurde ein ebenfalls unzurechnungsunfähiger 52-Jähriger vom Straflandesgericht in den Maßnahmenvollzug eingewiesen, nachdem er am 26. Jänner 2014 und lebensgefährlich verletzt hatte.