Politik
Bizarrer Scheuch-Brief an toten Jörg Haider
Fast kein Tag vergeht derzeit in Kärnten, ohne dass eine bizarre Polit-Aktion für Aufsehen sorgt. Nach einem angedachten Wahlplakat und einem provokativen Werbespot des BZÖ legt nun die FPK nach. In einem bizarren Brief an den verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider lobt Partei-Obmann Kurt Scheuch die Leistungen seiner Partei.
Fast kein Tag vergeht derzeit in Kärnten, ohne dass eine bizarre Polit-Aktion für Aufsehen sorgt. Nach legt nun die FPK nach. In einem bizarren Brief an den verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider lobt Partei-Obmann Kurt Scheuch die Leistungen seiner Partei.
Der Brief ins Jenseits, der in den "Kärntner Nachrichten" veröffentlicht wurde, liest sich wie ein Fiebertraum. Immer wieder wird beteuert, wie sehr Haider den FPK-Politikern fehle, wie oft die Mitglieder an ihn denken müssten und was die FPK seit seinem Tod alles geleistet habe - unter Auslassung des Hypo-Skandals. "Wenn ich, mein Freund, hier oben stehe, wo Gedanken ungestört schweifen können. Im gleißenden Licht eines kalten Wintertages, die Täler tief unten. Dann, mein Freund, denk ich an Dich", so der Beginn des Briefs.
Daraufhin wird beschrieben, wie sehr sich die FPK bemühe, ein freies und stolzes Land mit freien Menschen zu schaffen. Scheuch lobt die "gesunden Betriebe", die niedrige Arbeitslosigkeit, die "gottlob, deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt" liege und das Aufblühen der Bildungseinrichtungen. "Gerhard (Dörfler, Anmerkung), Christian (Ragger), Harald (Dobernig) und ich - ja, wir arbeiten hart an dem Programm, das wir, mein Freund, gemeinsam geschrieben haben."
"Wir passen auf Dein Kärnten auf"
Es folgen noch dutzende weitere "Erfolge" der Partei, für die man gemeinsam mit Haider gekämpft habe und erinnert daran, wie schwierig die Bemühungen doch gewesen seien. Am Ende des Briefs ein ebenso bizarres Versprechen: "Gerhard, Harald, Christian und ich werden weiter arbeiten. Gemeinsam mit vielen, vielen Freunden im ganzen Land. Wir werden weiter bauen an einer guten Zukunft des Landes! Wir passen auf Dein Kärnten auf, mein Freund - der uns so fehlt! Dein Kurt Scheuch."
In der "Kärntner Tageszeitung" kam prompt die Antwort eines Lesers - ebenfalls in Form eines Briefs. Als Jörg Haider im Fegefeuer fasst Bertram Karl Steiner die Skandale der Partei zusammen, entzieht Scheuch das "Du"-Wort und stellt die Korrespondenz mit Scheuch ein. Auszug: "Sie wollen, dass der liebe Gerhard wieder Landeshauptmann wird, damit Sie es bleiben; und ich soll Ihnen vom Jenseits aus dabei helfen."
Kritik von und Gegenwind für BZÖ
Als "widerliche Anbiederung von Haider-Verrätern an den Verratenen", bezeichnet BZÖ-Kärnten-Chef und Spitzenkandidat Josef Bucher den Brief. Die Partei hat aber selbst mit Gegenwind zu kämpfen: Wie das BZÖ Kärnten mitteilt, wurde seitens der Kärntner Kinobetreiber zensuriert und die Ausstrahlung verboten. Bucher zeigte sich "fassungslos und empört" über diese " antidemokratischen Zensur-Versuche" und spricht von einer "schwer bedenklichen Einschränkung der Meinungsfreiheit". Bucher vermutet hinter dem Ausstrahlungs-Verbot die angeblich guten Kontakte der Scheuchs zur Kärntner Kinoszene.
Donnerstag Abend meldete sich zu diesem Vorwurf auch die Geschäftsführung des Kinos Cineplexx zu Wort: Grund für die Nichtausstrahlung sei, "dass die Geschäftsleitung der Kinogruppe den betreffenden Spot als verhetzend und menschenverachtend empfindet. Die Cineplexx Kinobetriebe GmbH hält dazu weiteres fest, dass die Nichtausstrahlung des Werbespots keinerlei politischen Hintergrund hat. Abschließend legt die Cineplexx Kinobetriebe GmbH Wert auf die Feststellung, dass die Geschäftsführung mit den FPK-Politikern Kurt bzw. Uwe Scheuch nicht persönlich bekannt ist."
Lesen Sie weiter: Die zwei Briefe im Wortlaut Kurt Scheuch an Jörg Haider:
Mein Freund Jörg!
Wenn ich, mein Freund, hier oben stehe, wo Gedanken ungestört schweifen können. Im gleißenden Licht eines kalten Wintertages, die Täler tief unten. Dann, mein Freund, denk ich an Dich. An gemeinsame Touren, an Kraftanstrengungen hier oben und da draußen, bei den Menschen in unserem geliebten Heimatland. Wir haben von einem freien Land geträumt! Von freien Menschen, die ohne Druck und ohne Zwang von Parteien leben, arbeiten, Familien gründen, Wohlstand schaffen sollten. So frei, wie wir hier oben waren! Viele Jahre sind seitdem vergangen, viel haben wir erreicht und uns bemüht, auch seitdem du fort gegangen bist!
Wir sind ein stolzes Land, in dem es den Menschen gut, ja besser geht als noch vor Jahren. Wir haben gesunde Betriebe - es werden immer mehr, wie uns die Statistik zeigt. Die Arbeitslosigkeit liegt, gottlob, deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt. Junge Menschen haben tolle Möglichkeiten, in Kärnten eine perfekte Ausbildung zu erhalten: Lehre mit Matura konnten wir durchsetzen. Die Qualität unserer Fachhochschulen wurde gesteigert. Unsere Universität und die übrigen Kaderschmieden blühen. Vielleicht gelingt es, auch eine medizinische Universität in Kärnten zu etablieren.
Gerhard, Christian, Harald und ich - ja, wir arbeiten hart an dem Programm, das wir, mein Freund, gemeinsam geschrieben haben. Auch die Standorte unserer Krankenanstalten konnten wir erhalten; aus dem LKH haben wir das über unsere Grenzen hinaus sehr angesehene Klinikum Klagenfurt am Wörthersee gemacht. Es geht uns gut! Babygeld, Müttergeld - Du hast es erfunden - gibt es weiterhin für unsere Familien. Den Teuerungsausgleich (weißt Du noch, wie schwierig es war, das durchzusetzen?), das Jugendstartgeld, die Brennholzaktion kann sich Kärnten leisten! Denn wir haben gespart, wo es möglich war, um uns zu leisten, was wichtig ist! Wir haben überall in Kärnten gebaut, um die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeit für Kärnten zu sichern. Der Koralmtunnel, für den wir gemeinsam gekämpft haben, wird Wirklichkeit.
Unser Land rückt näher an die großen Zentren heran und bleibt doch so ursprünglich und schön, wie Du es wolltest. Wir sind 2013 sogar unter den Top -10 der besten Urlaubsregionen der Welt! Auf all das sind wir stolz! Gerhard, Harald, Christian und ich werden weiter arbeiten. Gemeinsam mit vielen, vielen Freunden im ganzen Land. Wir werden weiter bauen an einer guten Zukunft des Landes! Wir passen auf Dein Kärnten auf, mein Freund - der uns so fehlt!
Dein Kurt Scheuch
Landesparteiobmann der Freiheitlichen in Kärnten
Bertram Karl Steiner an Kurt Scheuch:
"Sehr geehrter Herr Scheuch!
Zunächst ersuche ich Sie, die Floskeln beiseite zu lassen und sich auch des vertraulichen „Du" zu enthalten, das erinnert mich in meiner derzeitigen Situation im Purgatorium nur schmerzlich an die Zeiten unseres, leider gemeinsamen, Erdenwallens, für welches ich jetzt zu büßen habe. Sie werden dereinst auch noch zur Kenntnis nehmen müssen, dass Kraftmeiereien wie das Knutschen von Riesenschlangen und Vogelspinnen im Büro eines Amtsträgers des Landes Kärnten auf die hiesigen Hierarchien keinerlei Eindruck machen. Ich für meinen Teil bin in den Jahren nach meiner Amokfahrt auf der Rosentalerstraße zu der bitteren Erkenntnis gelangt, dass es vermessen wäre, auf unser gemeinsames Wirken damals auch noch stolz zu sein. Sie schreiben mir, dass Sie „oben" stehen und an mich denken (entsprechende Passage des Scheuch-Briefs, Anm.)Und dass wir von einem „freien Land geträumt" hätten, von „freien Menschen (siehe Brief). . . Seien wir doch ehrlich, Herr Scheuch, wir waren damals dort oben „so frei", uns das ganze Land Kärnten unter den Nagel zu reißen. Wir, der millionenschwere Forstwirt vom Bärental, also ich, und Sie, der Großlandwirt vom Sternhof, haben tatsächlich alles getan, die Leute von dem zu befreien, was Sie, Herr Scheuch unter „Druck" und „Zwang" der (anderen) Parteien verstehen. Sie vergessen freilich, dass wir diesen Leuten dafür die Allmacht unserer „Gesinnungsgemeinschaft" beschert haben.
Und diese war total. Wir brauchten uns keinem „Druck" und keinem „Zwang" mehr beugen. Gänzlich „frei" von Skrupeln konnten wir über „unser Kärnten" verfügen. Wir konnten Andersdenkende beleidigen und auffordern, Kärnten zu verlassen - mit tiefer Reue entsinne ich mich meines eigenen würdelosen Verhaltens gegenüber Valentin Oman, Giselbert Hoke, Cornelius Kolig, H.C.Artmann, Dietmar Pflegerl; ich bereue das infame Spiel, das „wir" mit den Landsleuten slowenischer Zunge getrieben haben, den Spott und Hohn, den ich anlässlich der Ortstafelverrückungen über sie ausgegossen habe, ich bereue den Schaden, den „wir" „unserem" Kärnten mit den Affären um die Hypo.-Bank zufügten, indem wir sie als „unsere" Privatbank verstanden und daher ausnahmen wie eine Mastgans, Wir bescherten den Käntner-innen ein Stadion, welches sie nie und nimmer zu füllen vermögen, bloß um „uns" ein Denkmal zu setzen und einen mittlerweile ramponierten Fußballverein. Und was ist mir da eingefallen, als ich die Bedürftigen vor mir antreten ließ, um von „mir" einen Hunderter zu kriegen, welchen ich natürlich aus dem Steuertopf organisiert hatte. Auf das alles sollen wir „stolz" sein? Ganz abgesehen von Ihrem persönlichen Verhalten, nachdem ich „fortgegangen" bin, wie Sie das in dem mir zugegangenen Schreiben ausdrücken. Herr Scheuch, verwechseln Sie doch Ihre alpinen Winterphantastereien nicht mit dem Himmelreich. Das hat schon mir nicht gut getan, als „wir" hart an dem Programm arbeiteten, das wir „gemeinsam" geschrieben haben.
Ich finde es keineswegs vornehm, dass Sie mich jetzt, ein paar Wochen vor den Landtagswahlen, mit Ihrem Brief gewissermaßen beschwören. Von meiner derzeitigen Warte aus betrachtet, durchschaue ich das sehr wohl: Sie wollen, dass der liebe Gerhard wieder Landeshauptmann wird, damit Sie es bleiben; und ich soll Ihnen vom Jenseits aus dabei helfen. Dazu sage ich Ihnen nur eines: Es gibt wohl einen Kärntner Himmel, von wo aus die heilige Hemma auf das Kärnten der Kärntnerinnen und Kärntner aufpasst. Es gibt aber auch ein Kärntner Purgatorium. Dortselbst müssen die büßenden Seelen so lange ununterbrochen „Pfiat di Gott, scheane Alm" hören, bis sie, einsichtig geworden, von ihrer Pein erlöst werden.
Sehr geehrter Herr Scheuch! Nehmen Sie sich das zu Herzen. . .Hiemit stelle ich unsere Korrespondenz ein.
Ihr J.H.