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Bizarres Ringen um eine Waffenruhe in Nahost

Heute Redaktion
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Bild: Dan Balilty (AP)

Die zwischen Hamas und Israel vereinbarte Waffenruhe im Gazastreifen endete Samstagabend nach 12 Stunden mit erneuten Raketenangriffen durch die Hamas, die eine um 24 Stunden verlängerte humanitäre Waffenruhe ablehnte. Palästinenser hätten auf diese Weise nach tagelangen Angriffen weiter Tote bergen und begraben können. Sonntagvormittag nahm auch Israel die Kämpfe wieder auf. In Wien fanden am Samstag zwei Demonstrationen zum Thema statt. In Paris kam es zu Ausschreitungen.

verweigerten. Kurz darauf erklärte die Hamas, doch eine Feuerpause zu wollen - die wiederum von Israel abgelehnt wurde. Inzwischen gibt es Grüchte um ein geplantes Mega-Attentat.

"Als Reaktion auf eine Intervention der Vereinten Nationen und in Anbetracht der Lage unserer Bevölkerung sowie aus Anlass des Endes des Fastenmonats sind alle Fraktionen des Widerstands übereingekommen, eine 24-stündige Feuerpause zu unterstützen", sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri am Sonntag, nachdem wenige Stunden zuvor aus den eigenen Reihen die Waffenruhe gebrochen wurde.

Israel will vorerst keine neue 24-stündige Waffenruhe ausrufen. Die radikal-islamische Hamas verletze die von ihr am Sonntag angekündigte Feuerpause selbst, sagte Regierungschef Benjamin Netanyahu in einem Interview des US-Senders CNN auf die Frage, ob Israel die von der Hamas vorgeschlagene 24-stündige Waffenruhe akzeptieren werde. "Wir werden alles notwendige tun, um unser Volk zu schützen."

Panzer und Artillerie feuern weiter

Israelische Panzer und Artillerie nahmen am Sonntagvormittag wieder mehrere Ziele in dem Küstenstreifen am Mittelmeer unter Beschuss, Bewohner des Gazastreifens berichteten von schwerem Gefechtslärm aus Richtung Gaza-Stadt. Bei den Kämpfen wurden nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte drei Menschen getötet. Am Vorabend hatte Israel eine zwölfstündige humanitäre Waffenruhe anfangs um vier Stunden und danach auf Wunsch der UNO um weitere 24 Stunden bis Sonntagmitternacht (23.00 Uhr MESZ) verlängert. Die Hamas hatte dies jedoch unter Verweis auf die weiter im Gazastreifen präsenten israelischen Panzer sowie die fortgesetzten Angriffe Israels auf das Tunnelsystem der Hamas im Grenzgebiet abgelehnt.

Über dieses soll die Hamas nach israelischen Angaben einen verheerenden Anschlag auf israelische Zivilisten geplant haben. Geheimdienstminister Yuval Steinitz bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte. Demnach hätte die radikale Palästinenserorganisation am jüdischen Neujahrsfest Rosh Hashana im September Hunderte bewaffneter Kämpfer durch mehrere Tunnel gleichzeitig auf israelisches Gebiet zu schicken wollen. Sie sollten dort so viele Menschen wie möglich töten oder in den Gazastreifen verschleppen, hieß es. Die Informationen, die sich nicht unabhängig überprüfen ließen, basierten auf den Aussagen von Hamas-Mitgliedern, die die israelische Armee während der Offensive im Gazastreifen festgenommen habe.

Hunderte Tote, Tausende Verletzte  

Seit der einseitigen Verlängerung der Feuerpause feuerte die Hamas nach israelischen Angaben 25 Raketen auf Israel, darunter auf Städte wie Tel Aviv oder Ashkelon. Die Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas gingen am Sonntag in den 20. Tag. Dabei wurden bisher nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte 1.060 Palästinenser getötet und rund 6.000 verletzt. Auf israelischer Seite starben 43 Soldaten sowie drei Zivilisten.

Die Feuerpause am Samstag hatten zahlreiche Menschen in Gaza dazu genutzt, um ihre Vorräte aufzustocken, zugleich wurde das ganze Ausmaß der Zerstörung in dem dicht besiedelten Küstengebiet sichtbar: Wie die palästinensischen Rettungskräfte mitteilten, wurden 147 Leichen aus den Trümmern der bei den israelischen Angriffen zerstörten Häuser geborgen, die allermeisten davon Zivilisten. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung, ganze Wohnblöcke lagen in Schutt und Asche.

Zwei Palästinenser schwer verletzt

Zwei junge Palästinenser sind in Ost-Jerusalem offenbar von jüdischen Extremisten brutal angegriffen worden, eines der Opfer lag am Sonntag auf der Intensivstation. Der 20-Jährige sei bei Bewusstsein und auf dem Weg der Besserung, sagte eine Sprecherin des Hadassah-Ein-Kerem-Krankenhauses. Der zweite junge Mann, ebenfalls 20 Jahre alt, werde auf einer chirurgischen Station behandelt. Die jungen Männer geben an, am Freitagabend nahe einer jüdischen Siedlung in Ostjerusalem von einer etwa zwölfköpfigen Gruppe jüdischer Extremisten angegriffen worden zu sein.

Unter anderem sollen diese mit Knüppeln und Eisenstangen auf ihre Köpfe eingeschlagen haben. Polizeisprecher Micky Rosenfeld sagte am Sonntag, die Behörden nähmen die Vorwürfe sehr ernst und ermittelten. Verdächtige seien aber noch nicht gefasst worden. Bei den Tätern handelt es sich nach Angaben von Polizeisprecherin Luba Samri "offenbar um junge Juden".

"Ich bin der Messias"  

Die Spannungen in Ostjerusalem hatten zuletzt zugenommen, nachdem Anfang Juli ein 16-jähriger Palästinenser entführt und bei lebendigem Leib verbrannt worden war. Wegen der Tat wurde Anklage gegen drei verdächtige jüdische Extremisten erhoben. Einer von ihnen musste am Sonntag vor Gericht erschienen. "Ich bin der Messias", sagte der 29-Jährige bei dieser Gelegenheit vor Journalisten.