Niederösterreich

Blinder Terrorist (33) zu zehn Jahren Haft verurteilt

Adam S. (33) musste heute wegen der Mitgliedschaft einer Terror-Gemeinschaft vor Gericht. Der Tschetschene ist seit einem Anschlag versehrt und blind.

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Angeklagter vor Gericht mit Anwalt W. Blaschitz
Angeklagter vor Gericht mit Anwalt W. Blaschitz
Auer

Als Mitglied der Terrorgruppierung "Emirat Kaukasus" soll Adam S. in den Jahren 2008 bis 2013 eine Rolle gespielt haben. Das Ziel der Gruppe: Ein Gottesstaat mit Scharia auf dem Gebiet Tschetscheniens und Teilen des Nordkaukasus.

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    Angeklagter vor Gericht mit Anwalt W. Blaschitz
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    Auer

    Dabei sollen laut Anklage Schüsse auf russische Sicherheitskräfte, Einschulungen von neuen Mitgliedern im Umgang mit Maschinengewehren und Pistolen, Anschläge und Terror an der Tagesordnung gestanden haben.

    Schwer verwundet bei Anschlag

    Adam S. hatte sich nach der Pflichtschule im Jahr 2008 der Organisation angeschlossen und lebte laut Anklage bis 2013 in Wäldern im Nordkaukasus. Bei der Detonation eines Sprengsatzes am 7. September 2013 verlor Adam S. mehrere Finger, sein Augenlicht und büßte auch Hörvermögen ein (laut ihm waren Russen verantwortlich dafür, Anm.). Nach dieser schweren Verletzung wurde er zu Verwandten nach Inguschetien (Anm.: autonome Republik im Nordkaukasus, rund halbe Million Einwohner) gebracht und schließlich 2017 nach Österreich geschleppt. 

    Festnahme im Pensionistenheim

    Der Landesverfassungsschutz ermittelte und nahm den international gesuchten Terroristen im Pensionistenwohnheim in Wien fest. Adam S. gilt in Österreich auch als gefährdet, weil er für den Tod eines Sohnes von in Deutschland lebenden Landsmänner verantwortlich sein soll. Daher besteht laut Anklageschrift auch der Verdacht, dass die Tschetschenen vom Gewohnheitrecht Gebrauch machen und Blutrache nehmen.

    900 Tote

    Zur Terrororganisation: Das "Emirat Kaukasus" bekannte sich seit 2007 zu mehr als 900 Anschlägen mit rund 900 Toten und 1.500 Verletzten (Anm.: z.B. Anschlag auf Moskauer Metro 2010 mit 40 Toten). Das Emirat schwor schließlich im Jahr 2015 auch dem IS den Treueeid.

    Kalaschnikow war Arbeitswaffe

    Der Angeklagte bezeichnet die Kalaschnikow als seine Arbeitswaffe, mit der er immer wieder Schüsse abgegeben hätte. Ob und wie viel Menschen er getötet hat, könne er nicht sagen, weil die Kämpfe stets im dichten Waldgebiet stattgefunden hatten. Der Angeklagte zeigte sich bei den Einvernahmen nur objektiv geständig - sah sich als Widerstandskämpfer.

    Anwalt Wolfgang Blaschitz hatte die Anklage im Vorfeld der Verhandlung massiv bekämpft, verwies auch auf die Versehrheit des Angeklagten. Dennoch: Heute musste Adam S. am Wiener Landl auf die Anklagebank.

    Urteil: 10 Jahre Haft

    Der 33-Jährige wurde schließlich vom Vorwurf der terroristischen Straftaten des Mordes (§ 278c Absatz 1) freigesprochen. Für die Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung und Mordversuches wurde er indes zu zehn Jahren Haft verurteilt. 

    Anwalt Wolfgang Blaschitz meldete sofort Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an - somit ist das Urteil nicht rechtskräftig. 

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