"Ausgestreckte Hände" dominierten den Beginn der Nationalratssitzung. Wenig später wurden aus Handschlägen verbale Nackenschläge. Der Parlamentstag im Zeitraffer:
Den Start macht die Regierungserklärung des neuen Kanzlers. Man wolle "Gräben überwinden. Unsere Hand ist ausgestreckt", versichert Alexander Schallenberg in Richtung Opposition. Von einem rückt er aber nicht ab: Er werde "in enger Abstimmung" mit Vorgänger Kurz vorgehen.
Der Vizekanzler zollt dem Ex-Kanzler "Respekt" für den Rücktritt – und lobt den Bundespräsidenten: Aus Gesprächen mit ihm komme er "meistens gescheiter heraus, als ich hingehe". Und überhaupt sei er dafür, "dass wir aufhören zu sudern", betont Kogler.
Auch bei SPÖ-Chefin Rendi-Wagner spielt der ÖVP-Obmann eine Hauptrolle: Er habe zwei Koalitionen tatsächlich und Türkis-Grün "beinahe" gesprengt. Die Regierungsumbildung sei eine "Farce", Schallenberg ein "Kanzler von Kurz' Gnaden".
Zehn Minuten Redezeit sind für den FPÖ-Chef vorgesehen, er spricht sieben Minuten länger, wirft Kurz vor, sich "feig" vor der Debatte zu drücken: "Aus Ihrer Lichtgestalt ist ein gefallener Engel geworden." Der bastle schon an einer eigenen Liste Kurz, "wie man so hört". "
In einer "Dringlichen" mit 46 Fragen zur ÖVP-"Österreich"-Affäre will die SPÖ etwa wissen, wann und von wem Blümel von den geplanten Hausdurchsuchungen bei der ÖVP und im Ministerium erfahren habe. Knackig Frage 46: "Hat Sebastian Kurz Reinhold Mitterlehner auch Ihnen gegenüber als 'Arsch' bezeichnet?“
In nur sieben Minuten rattert Blümel die Antworten herunter. Von den Razzien habe er aus den Medien erfahren. Um seine "Privatsphäre" zu schützen, lösche er "seit geraumer Zeit" regelmäßig seine Textnachrichten, gibt der Minister zu Protokoll. Die Antwort auf die "Arsch"-Frage bleibt er schuldig: "Nicht Gegenstand der Vollziehung."
Sowohl der SPÖ-Misstrauensantrag gegen Blümel als auch jener der FPÖ gegen die gesamte Regierung finden keine Mehrheit.
Am Donnerstag bricht Alexander Schallenberg zur ersten Auslandsreise als Kanzler auf. Sie führt nach Brüssel. Dort trifft er Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Ratspräsident Michel. Die Reise soll laut Kanzleramt auch ein starkes Pro-EU-Signal sein.
Davor nimmt Schallenberg am Mittwoch erneut auf der Regierungsbank im Nationalrat Platz. Dort wird er der Budgetrede von Finanzminister Blümel lauschen. Demnächst will er auch die Chefs der anderen Parlamentsparteien treffen.