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Bomben-Brüder waren laut Eltern "wahre Engel"
Vier Tage nach dem Terroranschlag auf den Boston-Marathon sind die Täter bekannt: Tamerlan und Dschochar Zarnajew, zwei Brüder mit tschetschenischen Wurzeln, wurden als Bombenleger von Boston identifiziert. Noch immer rätseln die Behörden allerdings über das Motiv der beiden. Ein islamistischer Hintergrund wird nicht ausgeschlossen.
sind die Täter bekannt: Tamerlan und Dschochar Zarnajew, zwei Brüder mit tschetschenischen Wurzeln, wurden als Bombenleger von Boston identifiziert. Noch immer rätseln die Behörden allerdings über das Motiv der beiden. Ein islamistischer Hintergrund wird nicht ausgeschlossen. Die Familie kann die Taten dagegen nicht fassen. Das FBI schon, denn der Ältere wurde bereits 2011 von der Bundespolizei befragt.
. Das Motiv der Brüder gibt weiter Rätsel aus. Beiden Brüder lebten seit 2003 legal in den USA, wo sie studierten. Tamerlan hatte ein Ingeneur-Studium unterbrochen, um professioneller Boxer zu werden. Der sieben Jahre jüngere Dschochar studierte laut seinem Vater Medizin.
"Sie hätten mir das erzählt"
"Sie sind wahre Engel", erzählte der Vater der beiden Männer in einem Interview. Auch die Mutter der beiden mutmaßlichen Bombenleger von Boston hat in einem Telefoninterview mit dem Nachrichtensender CNN ihre Söhne verteidigt. "Es ist unmöglich für beide von ihnen, derartige Dinge zu tun", sagte Zubeidat Zarnajewa (Tsarnaev) am Freitag. Ihre Söhne würden ihr so etwas nie verheimlichen.
"Wenn es irgendjemanden gibt, der das wissen würde, dann wäre ich das", sagte sie. Ihre Söhne Tamerlan und Dzhokhar seien in eine Falle gelockt worden. Ähnlich hatte sich bereits der Vater der Verdächtigen geäußert. Zarnajewa sagte, Dzhokhar sei ab dem Alter von acht Jahren in den USA aufgewachsen, und Tamerlan sei ein "sehr ordentlicher" Mensch. "Niemand hat über Terrorismus geredet", sagte sie. Zu solchen Taten seien die Söhne gar nicht fähig.
Motiv bleibt vorerst ein Rätsel
Ein islamistischer Hintergrund liegt zumindest teilweise nahe. Tamerlan, der ältere Bruder, bezeichnete sich anderen gegenüber als strenggläubiger Moslem. Einem Fotografen sagte der Ingenieur-Student und leidenschaftliche Boxer, dass er "nicht mehr raucht und trinkt", denn "Allah sagt: Keinen Alkohol". In der Gesellschaft gebe es "keine Werte", die Menschen seien "unkontrolliert", so der 26-Jährige damals. "Ich habe keinen einzigen amerikanischen Freund", sagte Tamerlan außerdem.
Der jüngere Dschochar scheint sich wesentlich besser integriert zu haben. Mitstudenten berichten, dass er ein ganz normaler Student gewesen sei. Er habe viele internationale Freunde gehabt und hätte sich nie religiös oder "bösartig" geäußert. Nachbarn und Freunde beschrieben ihn als fröhlich, freundlichen und stets höflichen Menschen. Die Schule, die Dschochar besuchte, die Cambridge Rindge and Latin School, ist für ihre Weltoffenheit bekannt.
Onkel verurteilt Neffen
Ruslan Tsarni, der in den USA ansässige Onkel der Brüder hat ihre Taten in einer Pressekonferenz am Freitagabend verurteilt. "Wir sind schockiert und fühlen mit den Opfern", sagte er. "Ich hätte mir nie vorstellen können, dass Kinder meines Bruders an so etwas beteiligt sind." Er sei Tschetschene, genau wie seine Neffen, und Muslim. "Aber das hat alles nichts mit Religion zu tun."
Jemand habe die beiden Burschen radikalisiert, "aber es war nicht mein Bruder". Ihr Vater, der in Machatschkala im russischen Dagestan lebt, sei ein ehrlicher, hart arbeitender Mensch, der stets gut für sie gesorgt hätte.
"Schande für Familie"
Die Brüder seien eine Schande nicht nur für die Familie, sondern für alle Tschetschenen, bekundete er voller Zorn. Die beiden Brüder bezeichnete er als "Versager", die es nicht geschafft hätten, sich eine Existenz in den USA aufzubauen und deshalb "alle gehasst" hätten.
Er und seine Familie hätten "aus persönlichen Gründen" kein sehr gutes Verhältnis zu den beiden Brüdern gehabt. Im Dezember 2005 hätte er den letzten Kontakt zu Dschochar und Tamerlan gehabt. Tsarni rief seinen verletzten Neffen dazu auf, für seine Taten um Vergebung zu bitten.
Boston-Verdächtiger wurde bereits 2011 vom FBI befragt
Einer der beiden mutmaßlichen Attentäter von Boston war bereits vor zwei Jahren ins Visier der US-Bundespolizei FBI geraten. Der 26-jährige Tamerlan Zarnajew sei Anfang 2011 vom FBI befragt worden, teilte die Behörde am späten Freitagabend (Ortszeit) mit. Anlass sei die Anfrage einer ausländischen Regierung gewesen. Demnach soll Tamerlan Zarnajew "Anhänger eines radikalen Islam" gewesen sein und sich darauf vorbereitet haben, die USA zu verlassen, um sich Untergrundorganisationen anzuschließen.
Laut FBI ergaben die Befragung von Zarnajew und dessen Familie sowie die Überprüfung von Reisedokumenten, Internetverkehr und persönlichen Kontakten damals allerdings keine Anzeichen einer "terroristischen Aktivität". Welche ausländische Regierung die Untersuchung anstieß, gab das FBI nicht bekannt. Medienberichten zufolge soll Tamerlan Zarnajew im vergangenen Jahr eine Reise nach Russland gemacht haben.