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Bombogenese – viele Tote bei Temperatursturz um 40 Grad

Kurz vor Weihnachten werden die USA von einer Kältewelle heimgesucht. Eine arktische Kaltfront sorgt für Chaos auf Straßen und an Flughäfen.

Eisiger Wind peitscht den Schnee quer über den Highway. Aus dem Auto eines Polizisten im US-Bundesstaat Wyoming ist kaum noch die eigene Kühlerhaube zu erkennen: "whiteout", der Schnee wie eine weiße Wand, Sicht gleich null, die Horrorvorstellung eines jeden Autofahrers. So, wie es in dem Dashcam-Video des Polizisten zu sehen ist, das die Zeitung "New York Post" auf ihrer Internetseite veröffentlichte, ging es in den vergangenen Tagen Autofahrern in weiten Teilen im Norden und mittleren Westen der USA.

Extremer Frost, Schneestürme und Eiswind: Die USA werden über die Weihnachtstage von einer Kältewelle heimgesucht. Mehr als 200 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner seien am Vorweihnachtstag von Unwetterwarnungen betroffen, meldete der US-Wetterdienst. "Von Küste zu Küste" drohten Gefahren durch drastische Temperaturstürze, eiskalte Winde und massiven Schneefall. In Denver im US-Bundesstaat Colorado seien die Temperaturen beim Durchzug der arktischen Kaltfront innerhalb von 24 Stunden um rund 40 Grad gefallen.

Temperaturen bis Minus 45 Grad

Im Vorfeld des Sturmes hatte der US-Wetterdienst vor "rekordverdächtiger Kälte und lebensbedrohlichen Windböen" gewarnt, die sich von den Rocky Mountains auf die östliche Hälfte der USA ausbreiten würden. Laut den Vorhersagen der Website AccuWeather könnte sich der Sturm schnell zu einem sogenannten Bomben-Zyklon verstärken. Er entsteht durch "Bombogenese", ein Phänomen, bei dem kalte und warme Luftmassen bei sinkendem Luftdruck aufeinandertreffen. In diesem Fall könnten die Temperaturen auf gefühlt bis zu minus 60 Grad Celsius sinken – nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa entspricht dies fast schon der Temperatur auf dem Mars.

In Kansas und Oklahoma kamen Medienberichten zufolge bis Freitag mindestens fünf Menschen bei offenbar wetterbedingten Verkehrsunfällen ums Leben. Verkehrsminister Pete Buttigieg mahnte im US-Fernsehen Reisende zur Vorsicht. Mit Blick auf Weihnachten sagte er: "Viele Autofahrer sind es vielleicht nicht gewohnt, bei winterlichen Bedingungen zu fahren. (...) Bitte, bitte achten Sie genau darauf, was die örtlichen Behörden sagen." Mehrere US-Bundesstaaten riefen den Notstand aus, etwa New York.

Mindestens fünf Obdachlose erfroren

Chaotische Szenen gab es auch an den Flughäfen. Mehr als 3.000 Flüge seien bis Freitagvormittag (Ortszeit) gestrichen worden, meldete die Website FlightAware. Vor allem Passagiere im Norden, rund um die großen Seen, können sich ihre Weihnachtsreisepläne abschminken. Auf einem Video, das der TV-Sender Weather Channel auf seiner Website veröffentlichte, ist zu sehen, wie eine ganze Armada von Schneepflügen versucht, das Rollfeld des Chicago O’Hare International Airport, eines der wichtigsten Flughäfen des Landes, freizuschaufeln.

Besonders hart trifft es aber die, die kein Dach über dem Kopf haben. Überall im Land versuchen Helfer, die vielen Obdachlosen vor der Kälte zu retten. In einer Kirchenmission in Augusta im US-Bundesstaat Georgia bereiteten sie sich auf einen Ansturm vor, wie die "New York Times" berichtete. "In einer normalen Nacht geht es vielleicht nicht um Leben und Tod", sagte der Missionsleiter. "Aber jetzt schon." In Salt Lake City im Bundesstaat Utah sind Medienberichten zufolge bereits Anfang der Woche mindestens fünf Obdachlose erfroren. Und sogar in Miami, wo es normalerweise eher warm ist, hat die Obdachlosenhilfe ihren Kälte-Notfall-Plan in Kraft gesetzt.

Bereits am Wochenende wieder 20 Grad wärmer?

Auch in der Metropole Chicago am Ufer des Michigansees hatten die Winterdienste alle Hände voll zu tun. Weiter östlich, im Bundesstaat Indiana, hat der Gouverneur die Nationalgarde mobilisiert, um die Menschen vor den erwarteten Schneestürmen zu schützen.

Doch genauso schnell wie der Kälte-Spuk über die USA hereingebrochen ist, könnte er auch wieder vorbei sein. In einigen Gegenden im Nordwesten des Landes sollen die Temperaturen bald wieder in die Höhe schnellen, sobald der Kern der kalten Luft durchgezogen sei, prognostizierte der nationale Wetterdienst. An vielen Orten soll es bereits am Wochenende wieder um 20 bis 30 Grad wärmer sein.

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