Die Remixes sind jetzt raus

Braucht man die "neuen" Beatles-Alben wirklich?

Die "neue" Single "Now and Then" war nur der Teaser. Ab jetzt gibt es auch die beiden Beatles Compilations "1962-1966" und "1967-1970" als Remix. 

Fabian J. Holzer
Braucht man die "neuen" Beatles-Alben wirklich?
Zahlen sich das "Blaue Album" und das "Rote Album" als Remix aus?
Apple Corps Ltd./Universal Music

Treue Beatles-Fans sind goldene Kühe, die man auch 53 Jahre nach der Trennung der Band noch bestens melken kann. Und das hat Tradition. Bereits 1973 erschienen mit "1962-1966" ("Das Rote Album") und "1967-1970" ("Das blaue Album") zwei Doppelalben, die tatsächlich das erste umfassende "Best Of" der Band waren. Und bei dem haben auch jene Fans zugeschlagen, die bereits alle sich darauf befindenden Songs auf anderen Platten hatten. 1978 folgten noch Sonderausgaben in farbigem Vinyl  (konsequenterweise in rot und blau), 1993 die CD-Version, 2010 das CD-Remaster und 2010 noch die Streaming-Variante. Insgesamt verkauften sich die beiden Compilations knapp 30 Millionen Mal. Und jetzt ist der Remix da. Muss man da echt zuschlagen? Tatsächlich ja!

Viele Beatles Fans rümpfen bei dem Gedanken, dass man die Originalaufnahmen der Beatles neu abmischt, die Nase. Die Songs aus den acht Jahren der Schaffensperiode der Beatles 1962-1970 gelten als Heiligtümer, die es nicht anzutasten gilt. Die Songs in ihren Mixes, also nicht zuletzt auch wie laut welches Instrument und welche Stimme im Stereo-Spektrum eingestellt sind, haben sich seit Jahrzehnten in die Gehörgänge der Fans eingebrannt und diese Mixes sollten auch für alle Ewigkeit erhalten bleiben. Aber was viele auch außer acht lassen, ist, dass die Beatles und ihr Produzent George Martin große Fans von technischen und tontechnischen Entwicklungen waren, aber gleichzeitig laufend an die Grenzen der technischen Machbarkeiten gestoßen sind. Konkret standen der Band zu wenige analoge Aufnahmespuren zu Verfügung. Und so wurden durch sogenanntes "Bouncing" oft Tonspuren zusammengemischt, um Platz für weitere Aufnahmen zu schaffen. Und nachdem das analog und somit nicht umkehrbar war, mussten die Beatles laufend Kompromisse eingehen. Zwar wurde die Zahl der verfügbaren Spuren immer mehr, aber oft reichte das bei komplizierten Arrangement immer noch nicht.  

Jahrzehntelang blieben die Aufnahmen der Beatles unberührt. Lediglich Remasters, also klanglich besser abgestimmte Übertragungen der Original-Masterbänder der fertigen Songs, wurden veröffentlicht. Und dann passierte wieder lange nichts. Bis Giles Martin, der Sohn des 2016 verstorbenen Beatles-Produzenten George Martin begann, den Beatles einen zeitgemäßeren Sound zu verpassen. Experimente hatte er bereits - noch gemeinsam mit seinem Vater - für das 2006er Remix-Album "Love" unternommen, für das unterschiedliche Beatles-Nummern in unterschiedlichen Versionen miteinander verwoben wurden. Das Ergebnis war eine Nummer 1 in Großbritannien und den USA. Später, ab 2017, machte er sich auch daran, die Original-Masterbänder der Beatles-Alben "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band", "The Beatles", "Abbey Road", "Let it be" und zuletzt "Revolver" neu abzumischen. Das nächste große Projekt sind nun "Das Rote Album" und "Das Blaue Album".

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    John Lennon war ein britischer Musiker, Komponist und Friedensaktivist sowie Oscar- und mehrfacher Grammy-Preisträger (im Bild mit Ehefrau <strong>Yoko Ono</strong>)
    John Lennon war ein britischer Musiker, Komponist und Friedensaktivist sowie Oscar- und mehrfacher Grammy-Preisträger (im Bild mit Ehefrau Yoko Ono)
    (Bild: Getty Images)

    Bei der neuen Beatles-Single "Now and Then" nahmen sich Giles Martin und die restlichen Beatles die neue "Demixing"-Software der Tonabteilung der Produktionsfirma Wing Nut Films von Regisseur Peter Jackson zu Hilfe, um die unsauberen und zusammengemischten Stimm- und Klavieraufnahmen von John Lennon sauber zu trennen, um neue Musik rundherum aufzubauen. Ähnlich arbeitete Martin jetzt auch für die neuen Mixes auf den beiden Compilation-Alben, wobei die Aufnahmen im Gegensatz zu "Now and Then" allesamt aus einem Studio und nichgt aus einem Wohnzimmer stammten. Bei Stücken aus der späteren Schaffensperiode der Beatles musste weniger technisch getrickst werden als bei den älteren Aufnahmen. Aber das jetzt erschienene Ergebnis ist spektakulär…   

    Auf dem "Roten Album" und dem "Blauen Album" befinden sich nun insgesamt 75 Nummern der Beatles, 21 mehr als auf den Original-Alben und erstmals erklingen alle Songs in Stereo. Zwar erschienen mache der Mixes bereits auf den in den letzten Jahren neuveröffentlichten Alben, aber immerhin 36 Songs der Beatles erklingen hier jetzt so, wie man die noch nie gehört hat. Ohne den Sound oder Stil der Band zu verfälschen ist Giles Martin hier das Kunststück gelungen, die Beatles näher an den Zuhörer zu holen und die Songs von Staubschichten zu befreien, die sie wegen den damaligen technischen Möglichkeiten bereits bei deren Veröffentlichungen hatten. Das Schlagzeug wird an vielen Stellen aufgewertet und die Band klingt sogar in ihren "braven" Anfangsjahren rotziger, als es viele in Erinnerung haben. Insgesamt sind die beiden Alben kein Ersatz für die Originale, aber eine unglaublich spannende Erweiterung, wenn es darum geht, was diese Band klanglich noch alles erreichen hätte können. Eine absolut klare Empfehlung! 

    Die Vip-Bilder des Tages:

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      Schauspieler Florian David Fitz transportiert seinen Hund auf die etwas andere Art.
      Schauspieler Florian David Fitz transportiert seinen Hund auf die etwas andere Art.
      Instagram/florian.david.fitz
      fh
      Akt.