Szene

Breivik-Lesung in Wien erinnerte an FPÖ-Rede

Heute Redaktion
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Betroffene Stille herrschte am Mittwoch in der ausverkauften Aula der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die deutsch-türkische Schauspielerin Sascha Ö. Soydan las "Breiviks Erklärung" vor. Diesen Monolog verlas der wahnsinnige Attentäter von Oslo und Utöya vor Gericht und wollte so rechtfertigen, dass er 77 Menschen umgebracht hatte.

Weshalb den Wienern das Lachen und Reden in der Kehle steckenblieb: "Wenn man 30 bis 40 Sätze wegstreicht, kann das der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Wiener Landtag auch halten", so der Publizist Robert Misik nach der Lesung.

Im , doch die Lesung am Mittwoch verlief völlig unspektakulär. Regisseur Milo Rau kam auf Einladung der Garage X. Seine Vorleserin, Sascha Ö. Soydan, verlas den Text hoch konzentriert und emotionslos. Schade war nur, dass die Tonanlage schlecht funktionierte.

In anderen Städten wurde gelacht - Wiener schwiegen betroffen

Breiviks Rede kreist um die ethnisch reine "norwegische Urvolk", das durch die ihm von "Multikulturalisten und Neoliberalen" aufgezwungene Politik unter Druck geraten, ja gar vom Aussterben bedroht sei. Dass in Wien das Publikum "Breiviks Erklärung" konzentriert und sichtbar betroffen folgte, erstaunte Rau. An bisherigen Spielorten sei immer wieder Gelächter aufgekommen, sogar im Gerichtssaal habe Lachen und Gähnen der anwesenden Prozessbeobachter die Verlesung begleitet.

Breivik: Migration führt zum Untergang einer Gesellschaft

In Wien war am Mittwoch niemandem zum Lachen zumute. Breivik begründet, dass Migration zum Untergang einer Gesellschaft führt und dass Politiker diese Gesellschaft verraten und verkaufen. Die Argumente wirken schlüssig argumentiert, sind jedoch so furchtbar in ihrer menschenverachtenden Grundhaltung, alles Fremde als Bedrohung wahrzunehmen, dass es einem den Atem raubt.

Breivik-Rede erinnert stark an FPÖ-Argumente

Die Rede sei einerseits höchst banal, andererseits so erschreckend, weil die Inhalte über weite Strecken sehr bekannt wirkten, hieß es bei der abschließenden Diskussion. "Wenn man 30 bis 40 Sätze wegstreicht, kann das der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Wiener Landtag auch halten", sagte der Publizist Robert Misik.

"Ja, ich würde es wieder tun!"

Aufführungen von "Breiviks Erklärung", die in jeder Stadt nur ein einziges Mal gezeigt werden soll ("Ich möchte nicht, dass am Staatstheater-Spielplan mal Schillers 'Räuber' und ein anderes Mal 'Breiviks Erklärung' steht", so Rau), sollen u.a. noch in Brüssel und Oslo stattfinden. Dort wird dann auch ein Satz zu hören sein, der neben der ideologischen Rechtfertigung eines Massenmordes am meisten erschreckt: "Ja, ich würde es wieder tun!"

APA/red.