Österreich

Bruder vor Augen seiner Kinder angeschossen

Heute Redaktion
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Khasan B. (35) hat sechs Kinder – und einen Staranwalt als Verteidiger. Mittwoch stand der Tschetschene wegen Mordversuchs an seinem Bruder vor Gericht.

Khasan B. (35) stapfte am Mittwoch in ausgewaschenen Jeans und Billig-Sneakern in den Saal 303 am Wiener Landesgericht – teuer war dafür der Verteidiger des Tschetschenen. Star-Anwalt Niki Rast hatte die Rechtsvertretung für den sechsfachen Vater in U-Haft übernommen. Rast musste vor Gericht sein ganzes Können aufbieten, um die Geschworenen milde zu stimmen. Denn die Anklage lautete auf Mordversuch. Khasan B. soll im Vorjahr seinen Bruder (37) in Wien-Meidling niedergeschossen haben, weil er sich in seiner Ehre verletzt fühlte. Auch dass die Kinder des Opfers in der Nähe waren, hielt den Angeklagten anscheinend nicht davon ab, zu schießen. "Er hat nicht versucht ihn zu töten, sondern ihm ins Bein geschossen", wollte Anwalt Rast den Geschworenen vermitteln.

Gekränkte Ehre



Vor Gericht gab sich der gut gebriefte Angeklagte unschuldig – und mimte das Opfer. Alles habe damit angefangen, dass ihn sein Bruder ständig unterdrückt habe, erzählte Khasan B. mit sanfter Stimme und großen Gesten der Richterin. Im Juni 2016 kam es dann zu einem Eklat. Eine Aussprache unter den Brüdern dürfte eskaliert sein. Der ältere Bruder soll Khasan B. vor den Augen seiner Ehefrau und den sechs Kindern eine halbe Stunde lang verprügelt haben. "Mein Gesicht war voller blauer Flecken", so der Angeklagte. Er sah seine Ehre verletzt und schmiedete einen Racheplan.

Schuss ins Knie

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Wenige Wochen nach dem Vorfall besorgte er sich laut Anklage eine Waffe. Im November suchte er seinen Bruder in der Krichbaumgasse in Wien-Meidling auf. In der Wohnung befanden sich auch noch die Frau und die sechs Kinder des späteren Opfers. Als Khasan B. eintrat, drückte er wortlos ab. Doch es löste sich kein Schuss. Der Bruder drängte den Schützen hinaus, da feuerte ihm Khasan B. ins Knie und flüchtete. Das Opfer gab zuerst bei der Polizei an, den Schützen nicht zu kennen. Erst nach ein paar Tagen flog alles auf. Die schwangere Frau und die Kinder des Opfers blieben unverletzt.

Der Angeklagte verstrickte sich bei der Befragung in Widersprüche. Er habe sich zwar eine Waffe gekauft, "um meinen Bruder zu stoppen", er hätte die Tat aber nicht geplant. Die Geschworenen ließen den Vorwurf des versuchten Mordes nicht gelten – Urteil: drei Jahre Haft wegen absichtlich schwerer Körperverletzung (nicht rechtskräftig). (pet)