Österreich

Brühe aus Tunnel: Scharfe Kritik von Bürgermeisterin

Heute Redaktion
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Bürgermeisterin Irene Gölles (Wir für Gloggnitz) sieht die Tunnelbetreiber gefordert: "Es müssen sofort alle nötigen Maßnahmen getroffen werden."

Laut ÖBB tritt beim Tunnelvortrieb etwa 250 Meter unter der Erde Wasser aus dem Tunnelboden. Es handle sich mit 60 Liter pro Sekunde um eine Wassermenge, die "grundsätzlich zu bewältigen" sei, "da für diesen Abschnitt bis zu 300 Liter pro Sekunde prognostiziert waren". Das Wasser, das auch Sand aus dem Gebirge löse, werde "in die Gewässerschutzanlage auf der Baustelle gepumpt, aufbereitet und dann in den Göstritzbach eingeleitet". Durch den ausgelösten Sand könne es zu Trübungen kommen ("Heute" berichtete).

Zu der Verunreinigung meldete sich heute, Mittwoch, die Bürgermeisterin von Gloggnitz, Irene Gölles, in einer Stellungnahme zu Wort: "Als Bürgermeisterin und auch im Namen der Stadtgemeinde Gloggnitz bestehe ich darauf, dass sofort alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Einbringung des stark verunreinigten Bergwassers aus dem Baustellenbereich Göstritz zu stoppen. Aussagen wie jene des Pressesprechers und anderen Verantwortlichen der ÖBB, dass hier keine ,giftigen' Substanzen mit im Spiel sind, möchte ich doch entschieden zurückweisen, weil diese nur einen Teilaspekt berücksichtigen und wenig Kompetenz vermitteln. Die Feststellung des Pressesprechers in Interviews, dass ,eh kein Fischsterben zu sehen ist', zeigt von wenig Fachwissen."

Es stehe bei Experten außer Zweifel, dass die Ablagerungen und vor allem auch die extreme Trübung des Wassers durch die Schwebstoffe das biologische Gleichgewicht extrem stören. Gölles: "So ist z.B. die Nahrungskette bis hin zu den Fischen unterbrochen und der Laich gefährdet. Auswirkungen sind natürlich nicht innerhalb von einigen wenigen Tagen zu sehen, sondern wirken noch lange nach. Als Bürgermeisterin werde ich darauf bestehen, dass die ÖBB nach der Lösung des Problems für alle Wiederherstellungsmaßnahmen Verantwortung tragen."

Analyseergebnisse werden sofort kommuniziert

Die Bürgermeisterin von Gloggnitz weiter: "Natürlich wurden nach unserer Anzeige entlang der betroffenen Wasserläufe von den Behörden Proben gezogen und zur Analyse an die verantwortlichen Stellen übermittelt. Noch liegen laut Bezirkshauptmannschaft nicht alle Ergebnisse vor. Mittlerweile wurden auch das Land NÖ und das zuständige Ministerium mit in die Causa eingebunden. Der einzige ,Lichtblick' bisher ist, dass sowohl ein befasstes Labor, als auch ein Umweltmediziner (Zwischeninformation der BH) Unbedenklichkeit für Menschen und Säugetiere attestierten. Genauere Mess- und Analyseergebnisse, auch in Hinblick auf die Gewässerflora und Fauna, werden sofort nach Erhalt seitens der Stadtgemeinde kommuniziert. Solch zeitnahe Kommunikation erwarte ich selbstverständlich auch von den ÖBB-Verantwortlichen! Es kann und darf nicht sein, dass hier so gehandelt wird, als ob die Fragen und Bedenken der Bevölkerung nicht zählen!"

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Auf der Baustelle Göstritz in der Gemeinde Schottwien (Bezirk Neunkirchen) beim Semmering-Basistunnel tritt wie berichtet Wasser aus. Damit verbundene Trübungen im Göstritzbach seien laut ÖBB "unbedenklich und mit einer Situation nach einem starken Regen vergleichbar".

"Um den Wasseraustritt zu beherrschen, werden verstärkt sogenannte Injektionen gesetzt", so die ÖBB weiter. Sie würden das Gestein festigen. Die Injektionen könnten im Göstritzbach eine Schaumbildung auslösen.

Pernkopf schaltete sich in Causa ein

Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (VP) sieht im Zusammenhang mit dem Wasseraustritt beim Semmering-Basistunnel die ÖBB "gefordert, schnellstmöglich für Klarheit zu sorgen und die Verunreinigung der Gewässer zu stoppen". Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen verwies auf intensive Untersuchungen, die eingeleitet seien.

Laut den bisherigen Informationen handelt es sich um sehr feinen Sand, teilte die Verwaltungsbehörde mit. Die Verantwortlichen der ÖBB seien bereits aufgefordert worden, technische Lösungen zu finden und die Ableitung von getrübtem Wasser möglichst rasch zu beenden.

Umfangreiches Gewässermonitoring

Wegen der Gewässerverunreinigungen durch die Arbeiten im Semmering-Basistunnel hat Stephan Pernkopf am Mittwoch zudem ein umfangreiches Gewässermonitoring angeordnet. "Die Gewässeraufsicht wird durch regelmäßige Probenahmen aus allen betroffenen Gewässern Umfang und Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und auch besonders auf die Fischpopulation genau dokumentieren."

Diese Maßnahme wird laut Pernkopf "fortgesetzt, solange die Verunreinigungen stattfinden. Wir wollen saubere Gewässer in Niederösterreich, deshalb fordere ich die ÖBB auf, dieses Problem so schnell wie möglich zu lösen".

Landesfischermeister Karl Gravogl begrüßte das Monitoring durch die Gewässeraufsicht: "Es ist mir besonders wichtig, dass die Wasserqualität durch unabhängige Fachleute kontrolliert wird, um Auswirkungen auf Fische und Umwelt fundiert beurteilen zu können."

Im Schadensfall droht indes Rupert Dworak, SP-Bürgermeister in Ternitz, sogar mit einer Klage gegenüber den Verursachern.

Bisherige Messergebnisse unbedenklich

Zu Gewässertrübungen hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen noch am Mittwoch mitgeteilt, dass derzeit der Grenzwert der abfiltrierbaren Stoffe bei der Einleitung der Baustellenwässer der Semmering-Basistunnel-Baustelle in die Göstritz überschritten werde. Bisherige Messergebnisse der Wasserproben "deuten darauf hin, dass die Trübungen für Menschen und Säugetiere als unbedenklich einzustufen sind".

Die behördlich gezogenen Proben werden zurzeit im Labor analysiert, teilte Bezirkshauptfrau Alexandra Grabner-Fritz mit. Weitere Ergebnisse werden Ende dieser Woche erwartet.

Laut Auskunft des Landesfischermeisters Karl Gravogl gebe es derzeit keine Meldungen über ein Fischsterben. "Bei längerem Fortdauern der Situation können aus heutiger Sicht ökologische Nachteile für Lebewesen in den betroffenen Gewässern nicht zur Gänze ausgeschlossen werden", hieß es zu Gewässertrübungen im Göstritz- und Auebach sowie in der Schwarza.

Die ÖBB arbeiten laut der Aussendung in Abstimmung mit dem Verkehrsministerium als zuständiger Behörde "intensiv an einer technischen Lösung".

(wes)