Jetzt spricht ein Arzt

Bub (3) tot – "Ein Kind verhungert nicht einfach so"

Nach dem Hungertod eines Dreijährigen in Tirol wurden nun die Eltern vernommen. Unterdessen äußert sich ein Arzt über mögliche Umstände des Todes.

Österreich Heute
Bub (3) tot – "Ein Kind verhungert nicht einfach so"
In diesem Wohnblock in der Tiroler Gemeinde Ebbs kam das Kind ums Leben.
ZOOM.Tirol

Am Donnerstag wurden erstmals die Eltern (25, 26) des Dreijährigen vernommen. Von dieser Einvernahme wird auch abhängig sein, ob die beiden aus der U-Haft entlassen werden. Die Entscheidung darüber soll spätestens am Freitag fallen.

Geschwister sind wohlgenährt

Der dreijährige Sohn der beiden war am Montag verstorben, laut Obduktionsergebnis an Mangelernährung. Die Staatsanwaltschaft hat daher Ermittlungen wegen Mordverdacht eingeleitet, die Eltern wurden festgenommen. Die Geschwister des Buben (er hat insgesamt drei Schwestern) sind wohlgenährt.

Nun äußert sich erstmals ein Arzt zum Hungertod des Kleinkinds. Thomas Müller ist der Direktor der Innsbrucker Kinderklinik und hat mit der "Kleinen Zeitung" gesprochen. Er hat den Dreijährigen zwar nicht selbst behandelt, weiß aber, dass "ein gesundes Kind nicht einfach so verhungert."

Bub könnte an Vorerkrankung gelitten haben

Normalerweise würde sich ein Kind wehren oder Nahrung fordern. Dafür würde der Überlebenstrieb sorgen. Der Tod durch Verhungern ist kein rascher, sondern kann sich über Wochen oder gar Monate hinwegziehen.

Außer, das Kind hätte an einer Vorerkrankung gelitten, wirft der Mediziner in den Raum. Dann könnte es auch schneller gehen. "Gewisse Leiden senken nämlich den Appetit und erhöhen den Kalorienverbrauch", erklärt er gegenüber der "Kleinen Zeitung". Ob der Bub an so einer Vorerkrankung litt, ist nicht klar. Möglich ist, dass eine solche vielleicht noch nicht diagnostiziert wurde.

Expertin appelliert an Zivilcourage

Für Müller stellt sich dann aber die Frage, wann die Eltern mit dem Kind zum letzten Mal beim Arzt waren. Denn eigentlich sind im Eltern-Kind-Pass regelmäßige Untersuchungen vorgeschrieben, bei denen auch die Gewichtsabnahme hätte auffallen müssen. Für Müller gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder hätten die Eltern den Bub tatsächlich weggesperrt und misshandelt oder eine Vorerkrankung wurde nicht erkannt oder möglicherweise abgestritten.

Für Petra Sansone von der Tiroler Kinder und Jugend GmbH ist klar, dass manche Eltern auch Unterstützung brauchen. Viele Misshandlungsfälle würden in der Schule oder in Kindergären auffallen. Bei Kleinkindern, die noch nicht in den Kindergarten gehen, ist das komplizierter. "Wenn die Einbindung in das System nicht vorhanden ist, braucht es vor allen Zivilcourage von Nachbarn, Verwandten und Bekannten. Sie können solche Fälle ansprechen", erklärt Sansone gegenüber der "Kleinen Zeitung".

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