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Bundesheer-Oberst: So wird Israel jetzt reagieren

Oberst Guido Kraus beantwortet die wichtigsten Fragen zur eskalierenden Lage in Israel und gibt einen Ausblick darauf, was jetzt anstehen könnte.

Leo Stempfl
Die Vorbereitungen Israels sind in vollem Gange.
Die Vorbereitungen Israels sind in vollem Gange.
REUTERS

Es sind die wohl blutigsten Tage der letzten Jahrzehnte gewesen: In einem Überraschungsangriff stürmten tausende Terroristen aus dem Gaza-Streifen über die Grenze nach Israel und metzelten alles nieder, was ihnen in den Weg kam. Hunderte Menschen wurden brutalst misshandelt, verschleppt oder gleich exekutiert und als Trophäen durch die Gegend gefahren. Auch Dutzende arabische Bewohner wurden von der Hamas getötet.

Besonders schockierend sind die Vorkommnisse rund um ein Festival im Süden Israels, bei dem hunderte, zu einem großen Teil Touristen, ermordet wurden. Die Bilanz nach zwei Tagen zählt über 1.000 Todesopfer auf israelischer Seite sowie 1.500 getötete Terroristen. Israel rüstet sich für einen neuen Krieg.

"Brutal, blutig"

Doch wie konnte die Hamas überhaupt so überraschend vorgehen? Ein entscheidender Faktor war der Zeitpunkt rund um das Feiertagswochenende des Yom-Kippur-Tags, erklärt Oberst des Generalstabsdienstes Guido Kraus auf der Website des Bundesheers. Er war mehrere Jahre Verteidigungsattaché in Israel und hat dabei die Gaza-Kriege 2012 und 2014 erlebt. Eine frühzeitige Vorbereitung ist auch schwierig, weil sich Terroristen unter die Zivilbevölkerung mischen. Wegen der geringen Größe des Gaza-Streifens ist es weiters ein Leichtes, die Kräfte schnell zusammenzuziehen. 

Wieso die Offensive niemand zuvor erkannt hat, wird erst nach dem Krieg genauer zu klären sein. "Bemerkenswert ist jedenfalls, dass es ein derartig brutales, blutiges Vorgehen seit dem Yom Kippur Krieg nicht mehr gegeben hat." Vorwürfe lässt der Oberst gegenüber der rechten Regierung Israels anklingen. Diese habe sich auf die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland ausgerichtet, deswegen "den Süden des Landes und besonders den Gaza-Streifen augenscheinlich nicht besonders im Fokus".

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    Nach den Angriffen der Hamas hat Israel bereits "mehr als 500" Hamas-Ziele im Gazastreifen getroffen. 
    Nach den Angriffen der Hamas hat Israel bereits "mehr als 500" Hamas-Ziele im Gazastreifen getroffen.
    MAHMUD HAMS / AFP / picturedesk.com

    So wurde der "Iron Dome" ausgetrickst

    Eigentlich hat Israel aufgrund der konstanten Angriffe wohl das beste Raketenabwehrsystem der Welt: den "Iron Dome". Bisher hat dieser sehr gut funktioniert. Doch die Hamas haben offenbar eine Schwachstelle gefunden. "Ähnlich dem Magazinwechsel bei einem Sturmgewehr hat auch das 'Iron Dome'-System nur eine begrenzte Anzahl an Abwehrraketen verfügbar, bis diese wieder nachgeladen werden - und das kostet Zeit", erklärt Kraus.

    Diesen Umstand nutzen die Terroristen und haben gelernt, das Abwehrsystem zu überlasten, indem in der ersten Welle eine große Anzahl an Raketen gleichzeitig abgefeuert werden, um im Anschluss mit den tatsächlich weiteren und größeren Raketen durchzudringen. Dieses Vorgehen wird in der militärischen Fachsprache als "Saturierung" bezeichnet.

    Das passiert gerade

    Derzeit ist die Evakuierung der örtlichen Bevölkerung im Zwischengelände im vollen Gange. Gleichzeitig wird eine sehr große Zahl an Reservisten einberufen, um große Aktivverbände nahe am Gaza-Streifen bereitstellen zu können. 

    Zusammengefasst: "Es erfolgt gerade der umfangreiche Transport von viel Gerät, Kampffahrzeugen, Munition (gerade für die Artillerie), der Aufbau von Führungsstrukturen und viele Tätigkeiten mehr, die zwingend notwendig sind, um nach Entscheidung der Regierung einen Befehl zum Einmarsch in den Gaza-Streifen durchführen zu können."

    Die Kunst dabei wird sein, die möglichen weiteren Kriegsschauplätze nicht zu vernachlässigen. Libanon, Syrien, dazu die Lage im Westjordanland und Jerusalem, im schlimmsten Fall muss ein gleichzeitig stattfindender Angriff an mehreren Fronten abgewehrt werden. 

    Bodentruppen-Einsatz?

    Ein möglicher Einsatz der Bodentruppen könnte ähnlich wie schon 2014 aussehen: Zuerst wird das Gefechtsfeld durch schwere Artillerie beschossen, damit die Verteidigungsstellungen der Terrorgruppen ausgeschaltet bzw. stark dezimiert werden. Darauf folgt unter massiver Feuerunterstützung, auch aus der Luft durch die Luftwaffe, und der Marine vom Meer aus, der phasenweise Angriff auf ganz spezielle Bereiche im Gaza-Streifen.

    Die Herausforderung dabei ist, im dicht verbauten und überdies stark untertunnelten Gebiet vorzugehen und dabei die Geiseln, die sich in der Hand der Hamas befinden, nicht zu gefährden, so der Militär-Experte. "Daher ist ein abschnittweiser und damit langwieriger Vormarsch wahrscheinlich, der mehrere Wochen dauern kann." Abhängig ist das von den politischen Zielvorgaben an die Truppen.

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