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Bundestag: Politikerin erfand Abitur und Studium

Heute Redaktion
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Bild: SPD

Die deutsche Bundestagsabgeordnete Petra Hinz (SPD) hat eingeräumt, beim Verfassen ihres Lebenslaufs gelogen zu haben. Die Anwälte der 54-Jährigen stellten klar, dass sie nicht wie angegeben ein Rechtsstudium abgeschlossen hat: Die Politikerin aus Essen hat nicht einmal ein Abitur.

Die politische Karriere der Essenerin ist vorbei. Die SPD in ihrer Heimat fordert sie zum sofortigen Rücktritt auf. "Wir alle sind schockiert, dass Petra Hinz uns 30 Jahre lang eine falsche Biografie aufgetischt hat", sagte Thomas Kutschaty, Justizminister von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks.

Hinz hat nicht wie angegeben eine allgemeine Hochschulreife (Abitur), sondern 1983 lediglich die Fachhochschulreife erworben. Das ist nicht die einzige Lüge, auf der ihr Lebenslauf gebaut ist. Denn sie hat außerdem bislang fälschlicherweise behauptet, Rechtswissenschaften studiert und Staatsexamina abgelegt zu haben. Mittlerweile hat der Bundestag die Angaben im Lebenslauf korrigiert.

Entschuldigung via Anwaltskanzlei

Hinz brachte nicht den Mut auf sich selbst zu äußern, löschte auch ihre Social Media-Auftritte. Sie gewährte echten Juristen, nämlich der Anwaltskanzlei Heinemann & Partner, Vortritt. Hinz sei "sehr bestürzt, nicht die Courage aufgebracht zu haben, für ihr Fehlverhalten gerade zu stehen", hieß es. Sie bitte "ihre Wegbegleiter, ihre Mitarbeiter, ihre Freunde und Familie, all die Menschen, die ihr vertraut haben, und auch die allgemeine Öffentlichkeit von ganzem Herzen um Entschuldigung".

Hinz vermöge rückblickend betrachtet heute "nicht zu erkennen, welche Gründe sie seinerzeit veranlasst haben, mit der falschen Angabe über ihren Schulabschluss den Grundstein zu legen für weitere unzutreffende Behauptungen über ihre juristische Ausbildung und Tätigkeit." Die Politikerin sei nie juristisch tätig gewesen, sagen die Anwälte, ihre politische Arbeit sei jedoch von "Aufrichtigkeit und Integrität" geprägt gewesen, versicherten sie.

Auf zweitem Bildungsweg aufgegeben

Scheinbar versuchte die Politikerin zumindest eine kurze Zeit lang, einen Teil ihres Lügenkonstrukts wiedergutzumachen, das Ergebnis zeugt aber nicht gerade von Durchhaltewillen. Sie habe in den Neunzigerjahren ein Jahr lang versucht, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachzumachen, heißt es im Statement der Rechtsvertreter: "Aufgrund ihrer zeitlichen Beanspruchung als Mitglied im Rat der Stadt Essen und ihre ehrenamtlichen politischen Engagements musste sie diesen Versuch jedoch bereits nach etwa einem Jahr wieder aufgeben."

Hinz hatte laut Zeitungsberichten bereits im Vorfeld angekündigt, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Sie war erst vor wenigen Tagen in einem anonymen, offenen Brief an die SPD kritisiert worden. Im Berliner Büro von Hinz sollen "persönliche Beleidigungen, Diffamierung, Mobbing, ständige Überwachung und Maßregelung sowie Übertragung von demütigenden Aufgaben zum täglichen Umgangston gehören", hieß es. Die nun bekannt gewordene Fälschung ihres Lebenslaufs wiegt jedoch viel schwerer als diese Vorwürfe.