Österreich

"Im Notfall gehen wir zum Korruptionsstaatsanwalt"

Heute Redaktion
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Die Bürgerinitiative "Nein zum permanenten Oktoberfest beim Belvedere" wehrt sich weiter gegen das, wie sie sagen, "überdimensionierte" Belvedere Stöckl (v.l.n.r.: Architekt Ralf Bock, ao. TU Wien-Professorin Eva Berger und der Sprecher der Initiative Hellmut Schneider). Der rote Pfeil auf dem Bild zeigt die Lage des "Stöckl" im Ensemble.
Die Bürgerinitiative "Nein zum permanenten Oktoberfest beim Belvedere" wehrt sich weiter gegen das, wie sie sagen, "überdimensionierte" Belvedere Stöckl (v.l.n.r.: Architekt Ralf Bock, ao. TU Wien-Professorin Eva Berger und der Sprecher der Initiative Hellmut Schneider). Der rote Pfeil auf dem Bild zeigt die Lage des "Stöckl" im Ensemble.
Bild: Sabine Hertel

Der Streit um das geplante Belvedere Stöckl geht weiter: Die Bürgerinitiative wirft dem Betreiber unrichtige Angaben und dem Bundesdenkmalamt Untätigkeit vor.

Die geplante Wiedereröffnung des Belvedere Stöckl sorgt weiter für Unruhe. Wie berichtet planen die Betreiber des "Salmbräu" Walter und Albert Welledits das Belvedere Stöckl zu einem modernen Lokal auszubauen. Eröffnet werden soll die neue Gasthausbrauerei noch heuer.

Seit Bekanntwerden der Pläne gehen die Anrainer aus Wieden gegen das Projekt auf die Barrikaden. Am 1. März stellte die Bürgerinitiative "Nein zum permanenten Oktoberfest beim Belvedere" im Café Goldegg erneut ihre Bedenken in einem Mediengespräch vor.

Die Kritik lasse sich vor allem an drei Punkten festmachen, erklärte der Sprecher der Initiative Hellmut Schneider. Neben der nicht vollständigen Baugenehmigung wurde auch das vorgelegte Lärmgutachten und die Säumigkeit des Denkmalschutzes kritisiert.

Bürgerinitiative stört sich an unrichtigen Angaben

Konkret bemängelte die Bürgerinitiative, dass die Aussagen der Familie Welledits, dass die Baugenehmigung für das Projekt bereits vorliege, sei nicht korrekt. "Wir haben durch die MA37-Baupolizei erfahren, dass für die Biergarten-Terrasse noch keine Bewilligung vorliegt", betont Schneider.

Auch die versprochene Öffnung des Parks für die Öffentlichkeit sei irreführend, denn schließlich sei dies nur durch das Lokal und nur auf dessen Gelände möglich."

Anrainer zweifeln Richtigkeit des Lärmgutachtens an

In Zweifel gezogen wird auch das vom Betreiber vorgelegte Lärmgutachten, weil es sich hier um ein "Privatgutachten im Auftrag des Projektbewerbers" handle. Für die Initiative hat Architekt Ralf Bock einen genauen Blick auf das Gutachten geworfen: "Das Lärmgutachten beruht auf grundsätzlichen Annahmen, nicht auf tatsächlichen Messungen. Zudem wird das 'Stöckl' hier als Speiselokal vermerkt und nicht als Biergarten, das es tatsächlich ist. Der Unterschied sind rund acht Dezibel pro Person, was bei 260 Gartensitzplätzen einen großen Unterschied macht", so Bock.

Bei den Anrainern geht die Sorge um, dass dieses Gutachten von den Behörden als Basis der Entscheidung verwendet wird. Daher fordert die Bürgerinitiative ein neues neutrales, amtliches Gutachten zur Lärmentwicklung.

Die Betreiberfamilie Welledits war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, aus deren Umfeld heißt es aber, dass das Lärmgutachten durch einen unabhängigen, gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellt wurde. Daran sei nichts "bestellt oder geändert worden", Kritik an dem Gutachten sei an den Verfasser zu richten. Eine Klage gegen die haltlosen Vorwürfe werde überlegt.

Sorge um missbräuchliche Auslegung der Bauordnung

Der Teil des Schwarzenbergparks, in dem die Terrasse errichtet werden soll, liege inmitten des "historischen Zentrum Wiens", das auf der List des UNESCO-Weltkulturerbes stehe. Dieser Teil sei als Grünland ausgegeben. Die Anrainer befürchten einen Missbrauch des Paragraphen 71 der Wiener Bauordnung, nach der eine temporäre Bebauung auf Widerruf möglich sei.

"Wir verstehen nicht, wie eine Terrasse mit 260 Sitzplätzen samt Gäste-WC eine zeitlich begrenzte Baumaßnahme sein kann", unterstreicht die Initiative.

Weltkulturerbe in Gefahr?

Sollte das "Stöckl" so wie geplant errichtet werden, wäre das eine drastische Beeinträchtigung der historischen Baudenkmäler, ergänzt die Generalsekretärin der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten und außerordentliche Professorin an der TU Wien, Eva Berger.

"Der Garten des Gartenpalais Schwarzenberg bildet gemeinsam mit den Gärten des Belvedere, dem Garten des Salesianerinnenklosters und dem Botanischen Garten der Universität Wien europaweit die einzige tatsächlich erhaltene, nicht verbaute Zone, in der hoch- und spätbarocke Freiflächengestaltung im Großen und Ganzen authentisch erhalten geblieben ist", so Berger.

Obwohl das historische Ensemble in Gefahr sei, reagiere das Bundesdenkmalamt nicht. "Aber wenn die Bagger erstmal gefahren sind, dann ist es zu spät". Daher rufen die Anrainer das Bundesdenkmalamt auf, aufzuwachen und ihre Verantwortung wahrzunehmen.

Denkmalamt weist Vorwürfe zurück

Dort versteht man die Kritik nicht. "Die gesamte Parkanlage steht seit 1964 nicht mehr unter Denkmalschutz. Davon ausgenommen sind die Wasserbecken und die Skulpturen im Park, die durch die Pläne der 'Stöckl'-Betreiber aber nicht beeinträchtigt sind. Daher haben wir rechtlich gar keine Möglichkeit tätig zu werden", erklärt der Leiter der Wien-Abteilung im Bundesdenkmalamt Friedrich Dahm gegenüber "Heute".

Es habe bereits Gespräche mit Professorin Berger gegeben, in denen auf dies hingewiesen wurde. Beim denkmalgeschützten Bau des 'Stöckl" selbst, seien alle baulichen Adaptierungsarbeiten mit dem Bundesdenkmal abgestimmt worden.

Anrainer fordern gleiches Recht für alle

Für Ende März/ Anfang April sei die nächste Runde des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens angesetzt, dass die Bürgerinitiative genau beobachten wolle.

"Wir fordern eine korrekte Abwicklung des Bauverfahrens, keine Genehmigung für Bauwerke im Parkschutzgebiet sowie ein neutrales Lärmgutachten", betont Sprecher Schneider. Zudem müsse "gleiches Recht für alle" gelten, das heißt, auch das "Stöckl" müsse sich an die Sperrstunde um 22 Uhr halten, wie sie in der Wiener Schanigartenregelung festgeschrieben sei.

Optimistisch, dass das so nicht genehmigt wird

"Leider haben wir haben als Anrainer keine Parteienstellung und daher kein Recht auf Einsicht. Dennoch sind wir der Uberzeugung, dass das Projekt in dieser Form niemals nicht genehmigt werden kann. Aufgrund der Faktenlage kann die Behorde eigentlich gar nicht anders entscheiden", übt sich Schneider in Optimismus.

Sollten aber wieder Ungereimtheiten festgestellt oder die Entscheidung nicht nachvollziehbar sein, will die Bürgerinitiative den Fall der Korruptionsstaatsanwaltschaft vortragen.

(lok)