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Burgtheater: Bilanz zeigt Bareinzahlung eines Toten

Heute Redaktion
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Die Krise am Wiener Burgtheater hat sich am Wochenende zugespitzt: Nun wurde bekannt, dass nach den Aufregern rund um Direktor Matthias Hartmann, auch Vizedirektorin Silvia Stantjesky weiter einigen Erklärungsbedarf hat. So soll der 2012 verstorbene Theatermacher Christoph Schlingensief nach ihren Aufzeichnungen einige Tage nach seinem Tod eine Barüberweisung getätigt haben.

Die Krise am Wiener Burgtheater hat sich am Wochenende zugespitzt: auch Vizedirektorin Silvia Stantjesky weiter einigen Erklärungsbedarf hat. So soll der 2012 verstorbene Theatermacher Christoph Schlingensief nach ihren Aufzeichnungen einige Tage nach seinem Tod eine Barüberweisung getätigt haben.

In dem Zwischenbericht von KPMG wurde eine Excel-Datei gefunden, die Stantejsky am 26. November 2012 erstellt habe. Laut dieser sollen am 30./31. August 2012 insgesamt 176.502,84 Euro von diversen Personen (darunter auch von Stantejsky selbst) in die Kassa eingezahlt worden sein. Auf der Liste finden sich auch Christoph Schlingensief und seine Frau Aino Laberenz, eine Kostümbildnerin.

Bareinzahlung eines Toten?

Das allerdings kann sich nicht ganz so zugetragen haben: Der Künstler starb am 21. August 2010. Nur schwer zu denken, dass er eine Woche später eine Überweisung durchgeführt haben soll. Die Wirtschaftsprüfer recherchierten bei noch lebenden Personen nach: "Ein Großteil dieser Transaktionen wird in Abrede gestellt. Darüber hinaus wurde teilweise von Gesprächspartnern die auf den vorgelegten Belegen ersichtliche Unterschrift nicht als deren eigene identifiziert."

Die Herkunft der Mittel für dieses "Loch auf, Loch zu" sei nicht nachvollziehbar: Es könnte sich um privates Vermögen von Stantejsky handeln - oder um Vermögen von diversen prominenten Künstlern, das sie treuhänderisch verwaltete. Sie habe für diese sogenannte "Depots" angelegt.

Zwischenbericht belastet Prüferin. Der Aufsichtsrat und Hartmann sehen schwere Versäumnisse bei Stantejsky, die durch undurchsichtige Buchführung die bedrängte Lage des Hauses verschleiert haben soll. Stantejsky bestreitet diese Vorwürfe, ein Zwischenbericht der eingesetzten Wirtschaftsprüfer belastet die ehemalige Vizedirektorin laut "profil" aber neuerlich.

Opposition fordert rasche Aufklärung

Dennoch wollen weder die Opposition noch das Ensemble glauben, dass einzig Stantejsky für die Situation am Burgtheater verantwortlich ist. Das Ensemble sprach Hartmann mit 83 zu 31 Stimmen das Misstrauen aus, die Opposition fordert einhellig eine rasche Aufklärung und teils auch den Rücktritt der Führungsriege. "Was muss eigentlich alles passieren, bis die Geschäftsführung eines Bundesbetriebs den Hut nimmt?", fragte etwa Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl.

Endbericht von Wirtschaftprüfern mit Spannung erwartet

Hartmann ist seit 2009 Direktor des Burgtheaters, sein Vertrag läuft noch bis 2019. Der Aufsichtsrat hat sich mehrfach hinter den Intendanten und dessen "erfolgreiche Arbeit" gestellt. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) sagte, "gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, kühlen Kopf zu bewahren". Er werde den Endbericht der Wirtschaftsprüfer abwarten, der in etwa zwei Wochen vorliegen solle; einem Treffen mit dem Ensemble stehe er jedoch offen gegenüber. Das Burgtheater erhält Subventionen in Höhe von 46,3 Millionen Euro.