Dass Brigitte Guschlbauer aus Mödling noch lebt, grenzt an ein Wunder. Viele Jahre lang hatte die heute 51-Jährige als Sozialarbeiterin beim Jugendamt in Wien gearbeitet, der Job war hart, die zweifache Mutter gönnte sich keine Pause.
"Funktionieren" war das Wichtigste – dass sie sich schon längst in der Abwärtsspirale einer Überlastungsdepression befand, war ihr nicht klar. Bis sie sich rund um Weihnachten 2006 eine vermeintlich harmlose Streptokokken-Infektion einfing. Die Bakterien breiteten sich aufgrund des vom Stress geschwächten Immunsystems auf den ganzen Körper aus, die Niederösterreicherin musste ins Spital – und landete prompt auf der Intensivstation.
Die Krankheit befiel gleich mehrere Organe. Horror-Diagnose: Sepsis mit Multi-Organversagen. Guschlbauer musste ins künstliche Koma versetzt werden. Die Aussichten auf Heilung waren düster. Die Überlebens-Chance lag bei drei Prozent.
Sechs Wochen lag sie im Tiefschlaf, hatte in dieser Zeit zwei weitere septische Schocks, als sich ihr Zustand völlig unverhofft wieder stabilisierte. "Ich erinnere mich an Farbspiele und schlimme Alpträume", erzählt sie über ihre Nahtod-Erfahrungen.
Guschlbauer sollte noch mehrere Monate auf der Intensivstation liegen, konnte in dieser Zeit weder sprechen noch eigenständig essen. Einsam sei sie in dieser Zeit gewesen, erzählt sie. "Mir hätte es so sehr geholfen, wenn sich jemand einfach für zwei Minuten zu mir ans Bett gesetzt, meine Hand genommen und mir in die Augen geschaut hätte", so die ehemalige Sozialarbeiterin, die an das Gesundheitssystem plädiert, Menschlichkeit dürfe im Spitalsalltag auch auf der "Intensiv" nicht zu kurz kommen.
Die Niederösterreicherin, die seit ihrer Erkrankung als Autorin arbeitet und Workshops für Pflegekräfte anbietet, in denen sie von ihren Erfahrungen als Langzeit-Patientin erzählt, war jetzt Gast in Sonja Amanns Podcast "Together.Audio". Die Waldviertlerin gründete erst kürzlich ein Startup, das eigene Audio-Dateien für Koma- oder Demenzpatienten aufnimmt, die dann im Zimmer auf der Intensivstation vorgespielt werden können. Zu hören sind dort vertraute Stimmen des Patienten oder seine Lieblingsmusik – "Heute" berichtete. "Das hätte mir sicher sehr geholfen", so Guschlbauer.