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In "Captive State" lautet die einzige Lösung Krieg

Zerbomben Terroristen böse Aliens, werden sie zu Freiheitskämpfern. Oder?

Heute Redaktion
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Aliens nehmen die Erde ein, um ihre Ressourcen auszubeuten. Die Menschheit kuscht vor der technologischen Überlegenheit der Invasoren und streckt ihre Waffen. Unter außerirdischer Führung werden die USA zum Polizeistaat. Die Ungeheuer selbst zeigen sich selten und überlassen es ihren menschlichen Kollaborateuren, jedes Fünkchen Rebellion im Keim zu ersticken.

Knapp zehn Jahre sind seit dem ersten Kontakt vergangen, als Gabriel (Ashton Sanders, "Moonlight") aus Chicago, der Hochburg der Aliens in Nordamerika, türmen will. Bevor er es aus der streng überwachten City schafft, läuft er jedoch seinem totgeglaubten Bruder Rafe (Jonathan Majors) über den Weg. Der plant einen Anschlag, um die gesamte Menschheit wachzurütteln und zum Krieg gegen die Außerirdischen zu bewegen. Der hartnäckige Ermittler Mulligan (John Goodman) ist ihm jedoch dicht auf den Fersen und will über Gabriel an die Attentäter herankommen.

Guter Thriller, gute Sci-Fi

Regisseur und Drehbuchautor Rupert Wyatt ("Planet der Affen: Prevolution) strukturiert "Captive State" wie einen Staffellauf. Abwechselnd übernehmen Gabriel, Mulligan und diverse Rebellen das Holz, während die übrigen Protagonisten pausieren. Die Kamera klebt am wichtigsten Geschehen, ohne die Zuschauer mit Status-Updates von den Nebenschauplätzen zu versorgen. Diese Erzählform macht den Film ungemein spannend und unberechenbar, setzt aber voraus, dass das Publikum mitdenkt, statt sich nur berieseln zu lassen.

"Captive State" ist ein anspruchsvoller Thriller, der geschickt mit Sci-Fi-Elementen spielt. Weil die Aliens, "Legislators" genannt, sich in den Eingeweiden der Erde einnisten, kommen Befehle nicht mehr von oberster, sondern von unterster Stelle. Den Menschen werden Wanzen implantiert, die die Doppeldeutigkeit des Begriffs in Erinnerung rufen (Abhörgeräte UND Ungeziefer). Die Außerirdischen treten im Nahkampf als Mischung aus Gottesanbeterinnen und Stachelschweinen auf. Das sieht, in den seltenen Fällen, in denen die Ungeheuer zu sehen sind, richtig gruselig aus.

Der Trailer von "Captive State":

Terroristen vs. Feiheitskämpfer

Warum aber überhaupt Aliens in einen Film einbauen, der auch ohne sie prächtig funktionieren würde? Der Trick ist so alt wie das Kino selbst und dient dazu, den Zuschauern eine noch viel ältere Botschaft in die Schädel zu hämmern. "Wir gegen die Anderen", lautet sie und wird meist in der Form "Gut gegen Böse" serviert. "Captive State" bildet da keine Ausnahme.

Je größer die Kluft zwischen Gut und Böse, desto klarer sind die Verhältnisse zwischen Pro- und Antagonisten. Wyatts Aliens haben kein Gesicht, keine Stimme und damit nichts menschliches an sich. Man braucht sich keine Gedanken darüber machen, auf welcher Seite man steht, sondern hält von vornherein zu den Attentätern. Denn wer Bomben für die gute Sache wirft, ist ein Freiheitskämpfer, kein Terrorist.

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Gesellschaftskritik?

Zur Zeit des Kalten Krieges (in Filmen wie "Das Ding aus einer anderen Welt", 1951, oder "Die Invasion der Körperfresser", 1956) repräsentierten die Aliens unmissverständlich die Sowjets. "Captive State" ist da differenzierter und komplizierter. Vor allem, weil die Außerirdischen als graue Eminenzen im Hintergrund agieren, der eigentliche Kampf zwischen menschlichen Kollaborateuren und Rebellen ausgetragen wird.

Interpretiert man die Aliens als Platzhalter, kann man sie als politische und gesellschaftliche Elite lesen, die grausam, skrupellos und unnahbar das Proletariat spaltet, um es auszubeuten. Alternativ lässt sich"Captive State" aber auch als Kommentar zum modernen Imperialismus (Stichwort: Irakkrieg) deuten. "Captive State" ist damit nicht nur als Thriller und Science-Fiction-Film, sondern auch als Parabel interessant. Es lohnt sich, zu hinterfragen, warum man die Bombenleger automatisch als Helden wahrnimmt.

Fazit:

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Ursprünglich hätte "Captive State" am 29. März in den österreichischen Kinos starten sollen. Das Release Date wurde aber auf unbestimmte Zeit verschoben.

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