Wien

"Chill, ich still!" Mamas demonstrierten am Heldenplatz

Stillen ist das Natürlichste der Welt: Das stellten rund 30 Frauen beim "Still-in" am Heldenplatz klar. Mit der Aktion wollen sie ein Zeichen setzen.

Yvonne Mresch
Erstaunte Blicke, genervte Kommentare: All das haben Evelyn (31), Eva (33) und Karin (39) schon erlebt. Sie wollen das Stillen in der Öffentlichkeit enttabuisieren.
Erstaunte Blicke, genervte Kommentare: All das haben Evelyn (31), Eva (33) und Karin (39) schon erlebt. Sie wollen das Stillen in der Öffentlichkeit enttabuisieren.
Sabine Hertel

Von erstaunten Blicken bis zu gehässigen Kommentaren: Zwei Drittel aller Frauen haben bereits schlechte Erfahrungen beim Stillen in der Öffentlichkeit gemacht. Das geht aus einer Studie des Babyartikel-Herstellers "MAM Baby" hervor. Das Unternehmen rief daraufhin gemeinsam mit der Wiener Hebamme Christina Ruthofer zum "Still-in", einer friedlichen Demonstration auf den Stephansplatz. Rund 30 Frauen folgten der Einladung.

"Kleine Menschen haben Bedürfnisse und kein Zeitgefühl"

"Ich will ein Zeichen setzen, dass das Füttern eines Babys ganz normal ist. Auch in der Öffentlichkeit", stellt Vicky Lash (33) klar. Gibt sie ihrer Valentina die Brust, muss sie des öfteren mit "seltsamen Bemerkungen und komischen Blicke" umgehen. "Aber kleine Menschen haben nunmal Bedürfnisse und kein Zeitgefühl." Die 31-jährige Evelyn kann hier nur zustimmen: Blicke bekomme sie ständig. "Es ist einfach nervig. Man gibt sein Bestes, versucht eine gute Mutter zu sein", sagt sie. "Ich hoffe, dass jetzt viele Personen darüber nachdenken und reflektieren. Denn solche Blicke können ja auch unabsichtlich passieren."

"Mein Kind isst nur. So wie wir auch im Restaurant"

Immer noch gäbe es zu wenig Informationen über das Stillen, findet Eva (33). Sie selbst ertappe sich dabei, sich umzusehen, ob auch niemand in der Nähe ist: "Eigentlich ist das nicht ok, denn mein Kind isst nur. So wie wir auch im Restaurant!" Die junge Mutter fühlt sich teilweise alleine: "Ich sehe selten stillende Mütter in der Öffentlichkeit. Das ist schade." Am Heldenplatz war sie das nicht – zahlreiche andere Mamas setzten mit ihr gemeinsam ein Zeichen.

Zwei Drittel aller Frauen erlebte Negatives beim Stillen

Mütter stillen gern – das besagt die Studie von "MAM Baby". Doch die negativen Erfahrungen überwiegen, erklärt Market Manager Georg Ribarov. "Wir wissen aus den Gesprächen mit der Community, dass zwei Drittel aller Frauen Negtives erlebt haben. Das geht meist in die Richtung 'Tipps von wildfremden Menschen'", so Ribarov. 2.000 Frauen zwischen 20 und 45 Jahren aus dem deutschsprachigen Raum haben an der Studie teilgenommen.

"Mann sagte, sie soll ihre Titten nicht raushängen lassen"

"Eine Frau hat mir erzählt, sie wurde von einem Mann der U-Bahn verwiesen mit dem Kommentar, sie solle ihre Titten nicht raushängen lassen", berichtete Inititatorin und Hebamme Christina Ruthofer. "Damit haben Frauen, die in der Öffentlichkeit stillen, tagtäglich zu kämpfen. Viele sagen sogar, dass sie außerhalb von zuhause nur mehr zur Flasche greifen, aus diesen Gründen", klagt die Expertin.

Bis zur völligen Enttabuisierung des Stillens in der Öffentlichkeit würde es noch dauern, ist sie sicher. Das "Still-in" sei aber ein erster, wichtiger Schritt. "Es braucht eine Ent-Sexualisierung des weiblichen Körpers. Das ist genau das, woran sich die Leute stoßen. Wir wollen den Frauen den Rücken stärken und sagen: 'Es ist ok, was ihr tut! Stillen ist gesund und ihr leistet großartiges für das Kind!"