Welt

Grazer Arzt warnte vor "Eifer" des Todespflegers

Heute Redaktion
Teilen
Picture

Der Herzchirurg hatte die Vorgesetzten von Niels H. "mehrfach" vor dessen auffälligen Verhalten gewarnt: Er soll mindestens 84 Patienten getötet haben.

Schon 2015 wurde Niels H. wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt und das, obwohl der Mann vor Gericht bis zu 30 weitere Taten gestand. Am Montag dann der Schock: Ermittler gaben bekannt, dass der 40-Jährige mindestens 84 Patienten auf dem Gewissen haben soll ("heute.at" berichtete).

Der österreichische Herzchirurg Otto D. ist einer der wichtigsten Zeugen in diesem brisanten Fall. Er leitet seit 2014 die Herzchirurgie in einem Grazer Krankenhaus.

Zuvor war er 15 Jahre lang Chefarzt am Klinikum Oldenburg. Zufällig auch in dem Zeitraum (1999 bis 2001), als Niels H. als Pfleger seinen Dienst versah. Er hatte schon bei der Verhandlung 2015 schwere Vorwürfe erhoben: "Mehrfach" habe er vor dem auffälligen Verhalten des Pflegers gewarnt.

Das deutsche Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtete über Otto D.s Aussagen vor Gericht:

Im Umgang mit den Patienten sei Niels H. nicht gerade zimperlich gewesen, oft gar "ruppig". Trotzdem wurde er weiter beschäftigt: "Er war sachlich kompetent, vielleicht auch kompetenter als andere", so Otto D. Nur bei Reanimationen hätte er einen Aktionismus entwickelt, der "nicht von Fachlichkeit geprägt war", heißt es in dem "Spiegel"-Bericht.

Reanimationen

Niels H. habe mit "besonderem Eifer" Patienten mit schwerem Krankheitsbild übernommen und sich auch öfter zur Rufbereitschaft gemeldet, als seine Kollegen. Dadurch war der Deutsche auch "überdurchschnittlich häufig" an Reanimationen beteiligt.

Stellenweise habe er sich auch "vorgedrängt", wenn es um Patienten ging, die nicht ihm zugewiesen waren – wodurch er sich den Unmut des übrigen Personals zuzog.

Empathie

Auch sei Niels H. nicht in der Lage gewesen, seine persönliche Gefühlswelt abzugrenzen. Einmal habe er zwei Verstorbene in die Leichenhalle gebracht und sei in "völlig aufgelösten Zustand" wieder aufgetaucht, erinnert sich der Chirurg vor Gericht. Generell sei Niels H. "stark berührt" vom Schicksal der Patienten gewesen.

Warnung

Nach eigener Aussage hatte Otto D. die Pflegedienstleitung "mehrfach" auf diese Auffälligkeiten aufmerksam gemacht. Doch die Vorgesetzten des Serienkillers hätten dies "nicht negativ ausgelegt".

2001 wurde Niels H. schließlich doch wegen seines zu eifrigen Verhaltens vom Klinikum geworfen. Nachdem er auf die Kardioanästhesie-Station versetzt wurde, sei er immer noch bei Reanimationen von Patienten erschienen. (red)