Politik

Experte gegen härtere Strafen bei Sexualdelikten

Heute Redaktion
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Universitätsprofessor Christian Grafl sitzt in der sogenannten Task Force der Regierung zu Sexualdelikten, von härteren Strafen hält er aber gar nichts.

Eigentlich sollte der Wiener Universitätsprofessor Christian Grafl in der Task Force der Regierung an einer Verschärfung des Sexualstrafrechtes mitarbeiten. Doch jetzt meldete sich der Professor am Rande eines Termins der österreichischen Richtervereinigung mit deutlichen Worten in Richtung der Regierung zu Wort: "Ich plädiere sehr dafür die Strafrahmen zu belassen". Es sei "völliger Unfug" jetzt erneut an "den Rädchen zu drehen".

Schwierige Situation für Rechtsprofessor

Die Leitung der Task-Force liegt bei der ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler, die bereits im Vorfeld der Arbeitsaufnahme der Gruppe mehrfach bekräftigt hatte: "Es muss härtere Strafen geben", das finde sich so auch im Regierungsprogramm. Außerdem müsse der Opferschutz unbedingt ausgeweitet werden.

Wie "die Presse" berichtet, kann Grafl dieser Argumentation jedoch nur wenig abgewinnen: "Das Argument, man müsse aus politischer Sicht die Strafen erhöhen, weil das aus Sicht der Praxis notwendig sei, stimmt nicht".

Denn: Bereits jetzt würden Richter im Bereich der Sexualstraftaten zumeist nicht an die Höchstgrenzen beim Strafmaß gehen, es sei also noch Spielraum im Strafrahmen verfügbar der ausgenützt werden könne, ohne das Sexualstrafrecht per se verschärfen zu müssen.

Außerdem sei eine weitere Reform des Strafrechtes zum jetzigen Zeitpunkt alleine schon deshalb wenig sinnvoll, weil es erst im Jahr 2016 die letzte gegeben hätte, so Grafl. Es sei aber noch nicht genügend Zeit vergangen um die Auswirkungen dieser Reform "seriös" beurteilen zu können, jetzt bereits mit einer weiteren Reform nachzulegen, bevor man sich mit den konkreten Auswirkungen der letzten Änderung ausreichend beschäftig habe, hält der Jusprofessor für wenig sinnvoll. "Man sollte sich Zeit lassen, bevor man so grundlegende Veränderungen macht", so der Wiener Kriminologe.

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Strafverschärfung 2016 zeigt deutliche Wirkung

Vor allem im Bereich der Körperverletzungen zeige die Strafrechtsreform 2016 bereits deutliche Wirkungen, erläuterte Grafl. Die Richter würden den deutlich erhöhten Strafrahmen (von maximal 3 auf 5 Jahre) bei Körperverletzungen auch wahrnehmen, dennoch solle "man sich Zeit lassen, bevor man so grundlegende Veränderungen macht". Die letzten 10 Jahre würden ohnehin bereits im Zeichen einer deutlichen Strafverschärfung stehen, so der Professor der zu diesem Thema auch eine Lanzeit-Studie angefertigt hatte. Geldstrafen würden in Österreich im seltener verhängt werden, gleichzeitig würden die Haftstrafen auch bei Ersttätern stetig erhöht werden.

Dem gegenüber stehe laut der Grafl-Studie aber ein stetiges Abflauen in der Gesamtverurteilungsquote. Diese lag im Jahr 2017 bei 11%, 1875 lag sie noch bei 52 Prozent. Hintergrund ist auch, das immer mehr Strafverfahren außergerichtlich in einer Diversion (außergerichtlicher Vergleich, gemeinnützige Arbeit, etc.) enden würden. „Das können auch meine Studenten kaum glauben: Es gibt 25 bis 30 Prozent mehr Diversionen als Verurteilungen", so Grafl. (red)