Politik

Christian Kern: "Irgendwann enttäuschst du Leute auch"

Heute Redaktion
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Bild: Helmut Graf

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht die Politik in Österreich im Kampf mit Rechtspopulisten und Rechtsdemagogen. Es gehe um Anti-Establishment und eine "Politik der Obstruktion - Obstruktion jener politischen Strukturen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut haben", sagte Kern Montag Abend in Wien im Gespräch mit "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Eine spannende Antwort gab er beim Streitthema CETA.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht die Politik in Österreich im Kampf mit Rechtspopulisten und Rechtsdemagogen. Es gehe um Anti-Establishment und eine "Politik der Obstruktion - Obstruktion jener politischen Strukturen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut haben", sagte Kern Montag Abend in Wien im Gespräch mit "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Eine spannende Antwort gab er beim Streitthema CETA.

Jene Menschen, die FPÖ in Österreich, AfD in Deutschland oder Le Pen in Frankreich wählen, hätten dabei gar nicht die Erwartungshaltung, dass sich ihr Leben durch ihre Wahlentscheidung positiv verändere. "Diese Leute wollen das System und die Eliten auf den Knien sehen, weil sie sich deklassiert und ausgeschlossen fühlen", sagte Kern.

Der FPÖ gehe es um den "Umbau unseres Staates" hin zu einer 3. Republik. "Die FPÖ hat mittlerweile den höchsten Stammwähleranteil in Österreich. Dieses Phänomen wird nicht von heute auf morgen verschwinden, sondern Bestand haben", so der Bundeskanzler weiter.

Neuwahlen? "Was weiß ich"

Zudem gebe es durch die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen der vergangenen Monate eine Irritation. Es brauche daher einen noch radikaleren Politikwechsel und eine klarere Sprache. Die Menschen hätten genug von "Politik in Hinterzimmern". Wenn es den Regierungsparteien nicht gelingt, die Alleinstellung und Erkennbarkeit zu steigern sowie politische Lösungen zu liefern, "gibt es keine Bestandsgarantie für SPÖ und ÖVP".

Ob er im nächsten Jahr mit Neuwahlen rechne, ließ der Kanzler offen: "Was weiß ich. Wir sind bis 2018 gewählt." Grundsätzlich wären die Koalitionsparteien gut beraten, bis dahin alles zu versuchen. Eine mögliche Wahl des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zum Bundespräsidenten ist für Kern jedenfalls kein Grund, Neuwahlen vom Zaun zu brechen. Außerdem hoffe er, dass sich die Österreicher für den pro-europäischen Grünen Alexander Van der Bellen entscheiden.

Die vielen zornigen Reaktionen auf seinen Schwenk beim Freihandelsabkommen CETA bezeichnete Kern als interessante Erfahrung. Letztlich müsse man in dieser Position akzeptieren, dass das wenig mit einem persönlich zu tun hat. "Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo du halt Leute auch enttäuschen musst."