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'Christopher Robin': schön, einfach und einfach schön

Heute Redaktion
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Ein bisschen Hook, eine Prise Mary Poppins und ganz viel Winnie Puuh: Mit "Christopher Robin" landet der honigliebende Bär in der realen Welt.

Jeder muss einmal erwachsen werden - und für Christopher Robin (Ewan McGregor), den kleinen Buben aus den Winnie-Puuh-Abenteuern ist der Spaß mit dem Eintritt ins Internat vorbei. An die Geschichten seiner Kindheit kann er sich Jahre später als Angestellter in einer Kofferfabrik kaum mehr erinnern. Für seine Frau (Hayley Atwell) und die gemeinsame Tochter Madeline (Bronte Carmichael) hat er auch keine Zeit.

Arbeit vor Familie

Als sein Chef (Mark Gatiss) ihm dann auch noch sagt, dass er die Ausgaben um ein Fünftel senken oder Leute rausschmeißen soll, schickt Christopher Robin Frau und Kind allein auf einen lange geplanten Wochenendausflug ins Cottage seiner Kindheit.

Was die Alten vergessen haben, müssen sie von den Jungen nochmal lernen

Auch im Huntertmorgenwald steht es nicht zum Besten. Eines Tages wacht Winnie Puuh auf, und alle seine Freunde sind verschwunden. Er beschließt, Christopher Robin um Hilfe zu bitten. Winnie taucht in London auf, doch sein inzwischen erwachsener Held will ihn nur möglichst schnell los werden. Christopher bringt ihn zurück in den Hundertmorgenwald. Dabei lernt auch die kleine Madeline endlich den putzigen Bären und seine Freunde kennen und lieben.

Zu einem Showdown kommt es, als sich Madeline mit Puuh, Ferkel, Tigger und den anderen auf den Weg nach London macht, um ihrem Papa zu helfen.

Disneys Christopher Robin ist ein ganz anderer

Mit dem "echten" Christopher Robin hat Ewan McGregors Rolle nichts zu tun. Denn der Sohn von Winnie-Puuh-Autor Alan Alexander Milne konnte als Erwachsener den Bären nicht mehr leiden, verabscheute den Erfolg und das Rampenlicht und kehrte nie in das berühmte Cottage seiner Eltern neben dem fiktiven Hundertmorgenwald zurück.

Disneys Erfolgsgeheimnis: Geliebte Geschichten bis zur Perfektion retouschieren

Aber wer würde sich heute noch aufregen, weil sich Arielle am Ende "ihres" Filmes nicht wie im Original in Meerschaum auflöst sondern stattdessen den Prinzen bekommt? Auch in "Rapunzel - Neu verföhnt" irrt der Prinz nicht hilflos durchs Land, nachdem ihm die Augen ausgestochen wurden. In Cindarella stört es Eltern auch eher selten, dass sich die bösen Stiefschwestern bei Disney nicht mehr Ferse und Zehen abschneiden und das Blut aus dem gläsernen Schuh quillt.

Kurz vor dem zweiten Weltkrieg war alles einfacher?

"Christopher Robin" spielt in der Zwischenkriegszeit. Seine Probleme erscheinen dadurch simpler und nicht so komplex wie die Herausforderungen, denen man sich in unserer heutigen Welt stellen muss. Bedenkt man, dass damals der zweite Weltkrieg vor der Tür stand, wird Disneys Darstellung des erwachsenen Christopher Robin schnell ad absurdum geführt.



Trailer: Christopher Robin



Disney bringt die Herzen der Zuschauer zum Schmelzen


Doch wenn Bären sprechen und Schweine durch die Luft fliegen, darf man der Realität nicht zu genau auf die Finger schauen. "Christopher Robin" wärmt die Herzen der Zuschauer, auch wenn er ins enge Korsett des Disney-Konzerns gezwängt wurde. Wie so oft bei genialen Buchvorlagen, erscheint der Film Kennern des Originalstoffs im Vergleich platt und substanzlos. Für Vielschichtigkeit und unlösbar Negatives hat der Micky-Maus-Konzern keinen Platz.

Die inneren Werte zählen

Puristen stoßen sich auch am neuen Aussehen von Puuh. Der Bär ist nicht mehr wie im Original gezeichnet, sondern inzwischen im Stil eines alten Stofftiers computeranimiert. Auf den ersten Blick ist der neue Look befremdlich. Aber was zählt, sind die inneren Werte. Der charmante Bär gewinnt auch im neuen Outfit mit seiner tapsigen Behäbigkeit die Herzen der Zuseher, wenn sie bereit sind, sich darauf einzulassen.

Man kann Disney und seiner geleckten, politisch korrekten Plastikwelt viel vorwerfen. Doch was es macht, macht das Studio wenn schon nicht zur Zufriedenheit aller, so doch zumindest hoch professionell.



Entzückendes Abenteuer im Retro-Look


"Christopher Robin" ist ein stimmiger, berührender Film geworden. So kann die nächste Generation sich in den Puuh-Bären verlieben, während inzwischen erwachsene Fans ein entzückendes Abenteuer im Retro-Look geliefert bekommen. Wer mehr Tiefe sucht, findet sie im Büchergeschäft. Dort schaut man heutzutage sowieso zu selten vorbei.

"Christopher Robin" läuft ab 16.8. in Österreichs Kinos (lam)