Österreich

Clubkultur trotz Corona? Diese Nachtlokale haben offen

Am 15. Mai durfte die Gastronomie in Österreich ihre Wiedereröffnung feiern. Für Clubs und Diskotheken heißt es weiter warten. Einige Nachtlokale haben sich jedoch verschiedene Öffnungskonzepte mit den Corona-Sicherheitsbestimmungen überlegt. Wirtschaftlich bleibt die Situation aber äußerst schwierig.

Stefanie Riegler
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    Tanzen mit Maske? In China und Südkorea haben Discos seit März 2020 wieder geöffnet.
    Tanzen mit Maske? In China und Südkorea haben Discos seit März 2020 wieder geöffnet.
    Reuters

    Am Wochenende wieder einmal richtig ausgehen, im Club bis in die frühen Morgenstunden tanzen und mit Freunden feiern: Ein Szenario, das derzeit nicht möglich ist. Clubs und Diskotheken bleiben weiterhin geschlossen. Müssen wir uns gar an eine Gesellschaft ohne Nachtleben gewöhnen? Angesichts der Menschenmengen am Wiener Donaukanal dürfte das Party-Bedürfnis der Österreicher groß sein, die Nachtgastronomie steht jedoch vor dem Ruin.

    Ob die Branche diese Krise überleben wird, bleibt unklar. Betreiber von Clubs und Diskotheken drängen auf Planungs- und Rechtssicherheit. Die Regierung hat bisher keine Strategien kommuniziert, wie eine Wiedereröffnung aussehen könnte. Von den NEOS wird dies scharf kritisiert. Sie fordern konkrete Maßnahmen, die den Clubbetreibern helfen sollen. "Die Menschen wollen feiern", erklärte unlängst der Wiener NEOS-Landtagsabgeordnete Markus Ornig.

    Viele Jobs gefährdet

    Fast 3.000 Bars, Diskotheken und Tanzlokale sind österreichweit von der Schließung betroffen. Neben den Betreibern sind noch viele weitere Jobs gefährdet: Barkeeper, DJs, Security, Reinigungskräfte, Garderobenpersonal sowie Licht- und Tontechnik. Das sind allein in Wien rund 24.000 Arbeitsplätze. Zusätzlich erwirtschaftet die Nachtgastronomie einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro.

    Joachim Natschläger hat erst vor kurzem in Wien mit dem "O – der Klub" neben der Oper und dem "Inc." am Schwarzenbergplatz zwei neue Diskotheken übernommen und umgebaut. "Es ist mühsam, nicht zu wissen, was einen erwartet", so der Clubbetreiber in der "Kleinen Zeitung". Er rechnet vor September mit keiner Öffnung. 

    Um mehr Druck zu machen, haben sich österreichweit Betreiber von gut 20 Nachtclubs zusammengetan. Vor rund 14 Tagen gab es bereits ein Gespräch mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Nach Pfingsten soll eine Videokonferenz folgen. "Wir beobachten die Fallzahlen und wenn es so weitergeht wie bisher, wird auch es hier schrittweise zu einer Öffnung kommen", erklärt Stefan Ratzenberger, Sprecher der Nachtgastronomen, gegenüber "Heute".

    Die Thematik ist deshalb komplex, da die Nachtgastronomie sehr vielfältig ist. In der kleinen Bar lassen sich die Corona-Maßnahmen leichter umsetzen, als in der großen Diskothek. Und auch die Betriebsgenehmigungen sind unterschiedlich. Viele Diskotheken-Betreiber können laut Genehmigung erst ab 22 Uhr aufsperren.

    Am Freitag hat die Regierung verkündet, dass die Sperrstunde ab 15. Juni von 23 Uhr auf 1 Uhr nach hinten verlegt wird. Generell hofft Ratzenberger, dass sie ganz wegfällt. Auch wurden Vorschläge und Maßnahmen ausgearbeitet, wie Clubs in Zukunft betrieben werden könnten, etwa mit Fiebermessen am Eingang oder der Verwendung einer App.

    Spendenaufruf

    Hilfsgelder würden bei den meisten nur Clubs sehr langsam ankommen und der Fixkostenzuschuss deckt nicht alle Kosten. Viele Nachtlokale haben deshalb zu Spenden aufgerufen, wie etwa das "Fluc" am Praterstern, das "Werk" in Spittelau, das "B72" am Gürtel oder die "Fledermaus" im ersten Bezirk. In unterschiedlichen Wiener Clubs werden Auftritte von Künstlern und DJ-Sets live über Facebook oder Vimeo übertragen, um Geld zu sammeln.

    Einen anderen Weg geht die Diskothek "Excalibur" im steirischen Hartberg. Unter strenger Einhaltung der Hygienemaßnahmen gibt es hier wöchentliche Partys von 17 bis 23 Uhr. Die Tanzfläche bleibt jedoch geschlossen, sie wurde mit Tischen verbaut. Diese sind so aufgestellt, dass zwischen den Personengruppen immer ein Meter Abstand gegeben ist. Pro Tisch sind vier Personen erlaubt, Speisen werden ebenfalls serviert. Der Barbetrieb an der Theke ist nicht gestattet, die Gäste werden abgezählt.

    "Die Jugend lässt sich nicht vom Feiern abhalten"

    An einem Abend kommen rund 200 Besucher, wie Eigentümer Matthias Kopper gegenüber "Heute" betont. Das Sicherheitspersonal zählt mit, bei 260 Gästen ist Schluss, um die Auflagen einhalten zu können. Ein weiterer Security-Mitarbeiter kontrolliert zudem im Lokal, ob die Sicherheitsabstände eingehalten werden. Kopper rechnet mit einer kompletten Wiedereröffnung ab September.

    Er ruft die Politik dazu auf, endlich die Augen zu öffnen: "Die Jugend lässt sich nicht vom Feiern abhalten. Wir wissen es aus unserer Umgebung, jeder hat eine Garage und diese wird zur Mini-Diskothek umgebaut, um dort zu feiern. Hier wird weder der Mindestabstand noch das Nichtraucherschutzgesetz eingehalten. In der Nachtgastronomie können all diese Punkte streng kontrolliert und umgesetzt werden." Dennoch ist sich der Eigentümer bewusst, dass der Mindestabstand und die Maskenpflicht fallen müssen, um eine Großraumdiskothek wirtschaftlich betreiben zu können.

    Viele Gürtellokale wieder offen

    In den Stadtbahnbögen in Wien haben bis auf das "B72" wieder alle Locations geöffnet. Im legendären "Chelsea" sollen bald wieder Live-Konzerte stattfinden, Fußballspiele werden auch übertragen. Es gelten die derzeitigen Corona-Regeln mit der Sperrstunde um 23 Uhr. Das gegenüberliegende "Loft" plant seine Wiedereröffnung am 4. September 2020. Ähnlich wie andere Lokale hat der Club am Lerchenfelder Gürtel ebenfalls einen Webshop für Spenden eingerichtet. Auch der "Weberknecht" und das "Cafe Concerto" sind noch zu.

    "Loft"-Besitzer Mike Zoll sprach mit "Heute" über die schwierige Lage: "Wir leben davon, dass Menschen auf engem Raum beisammen sind. Das wäre dasselbe, wenn man einem Restaurant verbieten würde, Essen anzubieten." Da vier Quadratmeter pro Person zur Verfügung stehen müssen, sind Events und Tanzen derzeit nur schwer durchführbar. "Da hätten im Loft auf einem Floor dann nur vier Leute Platz, das ist finanziell unmöglich", so Zoll. Sollte die Nachtgastronomie im September wieder komplett aufmachen können, rechnet er weiterhin mit strengen Auflagen. Dass die Sperrstunde nach hinten verlegt und die Vier-Personen-Regel aufgehoben wurde, hilft zumindest ein bisschen. Die Unsicherheit der Leute sei aber dennoch zu spüren.

    "Wirtschaftlich eine Katastrophe"

    Im "Cafe Carina" ebenfalls am Gürtel möchte Besitzer Thomas Ploner auch wieder langsam mit Konzerten beginnen. Die Lage sei aber ziemlich trist. "Wirtschaftlich ist es eine Katastrophe. Wir haben in diesem Monat ein Minus von 80 bis 90 Prozent", sagt Ploner im Gespräch mit "Heute". Alternative Konzepte seien am Gürtel zudem schwierig, weil die Ressourcen fehlen und viele Lokale zu klein sind. "Die Gürtellokale können derzeit nicht das anbieten, wofür die Leute gerne kommen, also Live-Konzerte und Events", so Ploner. Außerdem fehlen Touristen und Studenten. 

    Im Bermuda-Dreieck im ersten Bezirk sieht die Lage ähnlich aus. Die "Kaktus-Bar" empfängt seit 15. Mai wieder Nachtschwärmer. Montag bis Sonntag ist das Lokal von 18 bis 23 Uhr geöffnet. Dank der Stammgäste beträgt der Umsatz rund 20 Prozent, wie Betriebsleiter Zeljko Svoboda erklärt. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Pro Abend ist nur ein Kellner im Einsatz. Tanzen ist nicht gestattet und ein Security achtet darauf, dass die Abstände eingehalten werden. "Wir haben Tische herausgenommen und anders platziert. 48 Leute dürfen so ins Lokal. Früher waren es dreimal so viele", meint Svoboda. Das "Gnadenlos" nebenan sperrt zumindest am Wochenende (Freitag und Samstag von 19 bis 23 Uhr) auf.

    Pratersauna plant Event-Reihe

    Die "Pratersauna" im zweiten Bezirk möchte mit einer neuen Event-Reihe den finanziellen Ruin vermeiden. Der hauseigene Pool soll als Gastronomiefläche genutzt werden. Ab 3. Juni möchte der Club von Mittwoch bis Sonntag öffnen. Musik, Bewirtung, heimische DJs, Kino unter freiem Himmel, ein Brettspiel-Verleih und Beachvolleyball stehen bei freiem Eintritt am Programm.

    "Pizza ohne Tanz" im Volksgarten

    Der Volksgarten hat sich ebenfalls ein Konzept zur Zwischennutzung überlegt. Unter dem Namen "Pizza senza Danza" (auf Deutsch übersetzt "Pizza ohne Tanz") öffnet ab Juni der Außenbereich der Säulenhalle für ein italienisches Pop-up-Konzept. Eine traumhafte Outdoor-Location mit Blick auf das Rathaus, rot-weiß-rote Tischdecken, Sonnenliegen und andere Retro-Elemente aus den 50er Jahren sollen dabei für Italo-Flair sorgen.