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Corona-Höchststand in Türkei, Vorwürfe gegen Erdogan

Die Corona-Infektionszahlen sind in der Türkei derart in die Höhe geschnellt, dass die Türkei wieder Verschärfungen anordnen musste.

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Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivfoto aus dem Jänner 2021)
Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archivfoto aus dem Jänner 2021)
Xinhua Xinhua / Eyevine / picturedesk.com

In der Türkei schnellen die Corona-Infektionszahlen derzeit wie kaum anderswo auf der Welt nach oben: Dem türkischen Gesundheitsministerium zufolge sind auf Montag innert 24 Stunden 341 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben, so viele, wie seit Beginn der Pandemie nicht. Die Zahl der Neuinfektionen stieg zuletzt auf über 60.000 pro Tag – sie haben sich seit Anfang März versechsfacht. Damals hatte die Regierung die Corona-Restriktionen gelockert.

Präsident Recep Tayyip Erdogan war zwar letzte Woche noch voller Lob für die eigene Regierungspolitik, kam angesichts der dramatischen Zahlen aber nicht umhin, neue Verschärfungen wie Ausgangssperren anzuordnen.

"So geht es nicht mehr weiter"

Die höchsten Sieben-Tages-Inzidenzen haben zurzeit die westtürkische Provinz Canakkale mit rund 963 Fällen pro 100.000 Einwohnern und die Millionenmetropole Istanbul mit rund 921 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Die Lage in den Krankenhäusern der Millionenstadt sei jedoch nicht kritisch, hieß es vom Gesundheitsministerium.

Das sei eine Lüge, heißt es dagegen aus der Istanbuler Ärztekammer. "Hier in Istanbul liegt die Auslastung bei nahezu hundert Prozent, selbst in meinem eigenen Krankenhaus finden Covid-Patienten keine Betten mehr", sagt Vorstandsmitglied Murat Ekmez der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ). Er wirft der Regierung vor, die offiziellen Zahlen zu schönen und vor den Realitäten die Augen zu verschließen. Das Gesundheitspersonal sei völlig ausgelaugt. "So geht es nicht mehr weiter."

So denken mittlerweile nicht wenige. Längst fordern Ärzte und Opposition einen harten Lockdown für das Land, in dem die Schulen jetzt wieder geschlossen sind – seit März 2020 gab es kaum Präsenzunterricht – , während sich auf den Einkaufsstraßen Menschenmassen tummeln. Einen harten Lockdown will und kann sich die Regierung Erdogan aber wegen der schiefen Wirtschaftslage offenbar nicht leisten.

Kein Kurzarbeitergeld mehr

In Istanbul ist die Wut auf die Erdogan-Regierung hoch, die Umfragewerte entsprechend tief. "Die Corona-Lage wird sich erst bessern, wenn sich die Regierung ändert", ist eine Kosmetikerin überzeugt. Ihr Studio muss unter den jetzt beschlossenen Verschärfungen für einen Monat schließen. Doch im Gegensatz zum Vorjahr erhält sie jetzt kein Kurzarbeitergeld oder sonstige Hilfe.

Ganz schlecht kam auch an, dass die AKP vor einigen Wochen im ganzen Land Parteitage mit Zehntausenden Teilnehmern veranstaltete, was nach den geltenden Corona-Maßnahmen eigentlich verboten ist.

Man könne der Regierung nicht alle Schuld an der Corona-Misere geben, sagt dagegen Ertunc Mega von der Istanbuler Fatih-Sultan-Mehmet-Universitätsklinik. "Auch die Bürger tragen eine Verantwortung, sich umsichtig zu verhalten. Aber leider ist es in unserer Kultur verbreitet, alles vom Staat zu erwarten", so der Chefarzt zur NZZ. Er verweist auf die erfolgreiche Impfstrategie im Land: Mittlerweile seien 14 Prozent der Bevölkerung sicher einmal geimpft, die Sterblichkeit sei zurückgegangen.

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