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Corona wird uns "alle Jahre wieder" heimsuchen

Wann kommt ein Impfstoff? Sind Bäder gefährlich? Wie sieht "neue" Normalität in Österreich aus? 10 Fragen an Virologen Norbert Nowotny.

Heute Redaktion
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"Meine Prognose: Der ganze Spuk ist im Juni vorüber."

, sagt Virologe Norbert Nowotny Mitte März im Interview mit "Heute", nach Ausbruch der Corona-Pandemie.

+++ Kommt eine zweite Welle? Sind Schwimmbäder gefährlich? Wann kommt eine Impfung und wie sieht die "Neue" Normalität in Österreich aus? Wie lange werden wir noch Schutzmasken tragen?+++

10 Fragen an den Zoonose-Experten und Virologen Dr. Prof. Norbert Nowotny von der VetMeduni Vienna plus sein Resümee nach mittlerweile sieben Wochen Corona-Krise.

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Herr Nowotny, Sie sagten, der Spuk sei im Juni vorbei - glauben Sie das heute auch noch?

Ja, das glaube ich. Wenn wir wachsam bleiben und die Bevölkerung die Sicherheitsmaßnahmen weiterhin mitträgt, ist der Spuk im Juni vorbei.

Wo stehen wir jetzt in Österreich?

Es sieht gut aus. Die Ansteckungsrate sinkt – die Richtung stimmt. Wenn wir so vorbildlich weitermachen wie bisher, haben wir das Ärgste überstanden. Nur Großveranstaltungen jeglicher Art wird es bis in den Herbst hinein nicht geben. Dafür ist das Risiko noch zu groß. Großveranstaltungen werden erst möglich sein, wenn noch weniger Viren in der österreichischen Bevölkerung zirkulieren. Alles andere sollte sich jedoch normalisieren.

Sind Schwimmbadbesuche gefährlich?

Unter der Voraussetzung, dass weiterhin Abstand gehalten wird, sollten Bäderbesuche bald möglich sein. Das Wasser übertragt die Viren nicht - die Menschen übertragen es. Der Sicherheitsabstand ist wichtig. Ansonsten sehe ich da kein Problem, weder im Schwimmbad noch im See.

Kommt eine zweite Welle?

Für Österreich glaube ich nicht, dass eine zweite Welle kommen wird. Wenn wir den nötigen Sicherheitsabstand einhalten, vermehrt testen, wachsam bleiben und die Bevölkerung die Maßnahmen weiterhin mitträgt, dann könnten wir dies vermeiden.

Wenn wir sehr darauf achten, ob sich irgendwo in Österreich kleine, neue Infektionsherde bilden und man diese Herde sofort isoliert, dann sollten wir die Situation auch weiterhin (auch unter deutlich gelockerten Maßnahmen) gut im Griff haben. Durch die rasche Ausbreitungsmöglichkeit ist diese Wachsamkeit in Städten besonders wichtig.

Was, wenn doch eine „zweite Welle" kommt?

Sollte doch eine zweite Welle kommen, so sollte sie wesentlich milder verlaufen als die erste. Dies wissen wir von vergangenen Pandemien. Jedenfalls müssen wir wiederum sehr rasch reagieren und eine eventuelle zweite Welle bereits im Anfangsstadium stoppen.

Wie sieht es mit der Herdenimmuntät aus? Davon ist Österreich derzeit weit entfernt.



Nach wie vor sind rund 98-99 % der Österreichischen Bevölkerung nicht gegen dieses neue Coronavirus (SARS-CoV-2) immun und daher für eine Infektion empfänglich. Es forschen aber viele Wissenschaftler weltweit an der Entwicklung von Impfstoffen und wirksamen Medikamenten und es zeichnen sich schon erste Erfolge ab.

Eine „Herdenimmunität" werden wir erst erreichen, wenn gute Impfstoffe am Markt sind und die Bevölkerung sich auch impfen lässt.

Nicht so wie bei der Influenza, wo es gute Impfstoffe gibt, die aber nur von 8-10% der Bevölkerung genützt werden. Wahrscheinlich wird uns dieses neue Coronavirus – ganz ähnlich wie die saisonale Grippe – alle Jahre wieder heimsuchen, wahrscheinlich im Winter und sicher in abgeschwächter Form.

Wann wird es eine Impfung geben?



Ich denke dass es in etwa einem Jahr/im Laufe des nächsten Jahres gute Impfungen geben wird.

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, sich impfen zu lassen?

Menschen, die sich impfen lassen, werden für eine gewisse Zeit immun gegen das Virus. Sollten sie trotzdem infiziert werden, so verläuft die Infektion mild. Eine Impfung ist auch deshalb wichtig, weil sie auf Bevölkerungsebene zur Ausbildung einer „Herdenimmuntät" beiträgt. Dadurch sind mehr Menschen vor einer Infektion geschützt und es sollte zu keiner neuen Infektionswelle mehr kommen. Das Prinzip der Herdenimmunität besagt, dass etwa 60 % der Bevölkerung immun sein müssen, damit kein größerer Krankheitsausbruch mehr erfolgen kann.

Was, wenn das Coronavirus mutiert? Wirkt der Impfstoff dann noch?

Das Coronavirus ist zwar ein RNA-Virus (es gibt RNA- und DNA-Viren) und RNA-Viren mutieren häufiger als DNA-Viren. Trotzdem mutieren Coronaviren weniger häufig als andere RNA-Viren, wie zum Beispiel das Grippevirus (Influenza). Die geringfügigen Mutationen, die wir schon jetzt bei SARS-CoV-2 sehen, werden die Wirksamkeit eines Impfstoffes aber nicht beeinträchtigen.

Wie sieht die "neue" Normalität aus, bis eine Impfung kommt?

Wir müssen uns auf einen Alltag mit noch leichten Einschränkungen einstellen, die aber bald nicht mehr staatlich geregelt sein werden, sondern in der Eigenverantwortung jedes Einzelnen liegen werden. Dies wird vor allem den Sicherheitsabstand betreffen.

Ich gehe davon aus, dass das Tragen von Schutzmasken noch etwa 2 Monate notwendig sein wird.

Danach hoffentlich nicht mehr, wobei eine solche Lockerung sehr stark vom Verhalten jedes Einzelnen in den nächsten Wochen abhängen wird. Die größte Einschränkung wird Großevents betreffen, die vermutlich bis in den Herbst hinein nicht erlaubt sein werden.

Wie steht Österreich im Vergleich zu anderen Ländern da?

Österreich steht ausgezeichnet im Vergleich zu anderen Ländern da. Unser Gesundheitssystem ist zwar teuer, aber gut. Der Erfolg Österreichs in der Bekämpfung von COVID-19 liegt im raschen „shut-down" und dass die österreichische Bevölkerung diese strikten Maßnahmen auch mitgetragen hat.

In vielen anderen Teilen der Welt ist die Situation wesentlich dramatischer.

Überall dort, wo die Maßnahmen zu spät oder halbherzig gesetzt wurden, wurden massive Probleme sichtbar (nicht genug Spitalsbetten, nicht ausreichend Intensivbetten,...). Beispiele sind Italien, Spanien, Frankreich, England und Amerika.

Dramatisch wird es auch in Afrika werden und generell in Ländern, in denen das Gesundheitssystem fragil ist.

Wie können wir uns zukünftig vor Zoonosen wie Covid-19 schützen?

Im Prinzip kann man Zoonosen nicht verhindern. Wir wissen ja nicht, welches Virus uns als nächstes Probleme machen wird. Die gute Nachricht: wir kennen die Kandidaten, die besonders häufig zu Epidemien oder auch Pandemien führen: dies sind an erster Stelle Influenza-Viren: von der Spanischen Grippe 1918/19 bis zur Schweinegrippe 2009/10; an zweiter Stelle würde ich bereits Coronaviren sehen, wo in den letzten 18 Jahren drei zoonotische Coronaviren sich in der menschlichen Population ausgebreitet haben.

Impfstoffe, die gegen ganze Virenfamilien wie jene der Coronaviren schützen, gibt es noch nicht. Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Einige Forschergruppen arbeiten derzeit an einem Impfstoff, der gegen alle Influenza A-Viren schützen soll. Ein solcher Impfstoff würde dann auch gegen neue auftretende Influenza A-Viren schützen. Es besteht Hoffnung, dass es im Laufe der nächsten 5 Jahre einen solchen Pan-Influenza-A-Impfstoff geben wird.

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