Österreich

Corona: Zahlt der Staat genug für Verluste?

Heute Redaktion
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Bild: privat

Viele Unternehmer stehen vor dem Nichts. Das alte Epidemiegesetz wäre vermutlich nicht finanzierbar gewesen, daher gibt es Hilfsfonds. Verfassungsrechtlich bedenklich, sagt ein Jurist.

Die Gesundheits- und Wirtschaftskrise hat Österreich innerhalb weniger Monate erreicht. Der Staat hat darauf mit zahlreichen und sehr kurzfristigen Maßnahmen reagiert. Eine dieser Änderungen betrifft den Ersatz von Verlusten - aufgrund behördlicher Maßnahmen (Betriebsschließungen, Veranstaltungsverbote) - während einer Epidemie. Bis Mitte März 2020 lag der „Vergütungsanspruch" (kein Schadenersatz!) eines Bürgers bzw. eines Unternehmers bei einer Epidemie in voller Höhe seines Verlustes.

"Diese Regelung wurde durch eine andere überdeckt. Jetzt gibt es für Betriebe nur mehr Geld aus den beiden Hilfs-Fonds. Damit kann niemals der gesamte Schaden abgedeckt werden", sagt der Badener Anwalt Gottfried Forsthuber. Es wäre offenbar nicht finanzierbar gewesen, allen 100 Prozent ihres Schadens zu ersetzen.

Wo liegt das Problem?



Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist dies dennoch bedenklich, kann dadurch doch der Vertrauensgrundsatz verletzt werden. "Sinngemäß ist dieser 'Vertrauensgrundsatz' mit jenem des Straßenverkehrs vergleichbar. Auch im Straßenverkehr vertraut man darauf, dass sich der andere an die Regeln hält. In unserem Fall: Wir zahlen Steuern und vertrauen darauf, dass bei einem Jahrhundertereignis der Staat vereinbarungsgemäß hilft. Wenn also spontan ein Gesetz geändert wird, ohne den Menschen die Gelegenheit zu geben sich darauf einzustellen, bricht der Staat diesen Vertrauensgrundsatz", so Forsthuber.



Was kann man tun?



"Sich vom Anwalt beraten lassen", sagt Forsthuber. Wer nämlich trotzdem vollen Ersatz vom Staat will, muss sich auf ein Verfahren bis zum Verfassungsgerichtshof einlassen. Dieser Schritt macht daher nicht für alle Sinn, weil das Ergebnis offen ist. Jedoch: Nur wer es wagt, hat am Ende einen Anspruch abseits der Notfall-Fonds.

Droht Insolvenzwelle wegen Corona?



Der Gesetzgeber hat laut Forsthuber in dieser zweifelsohne beispiellosen Krise mit einer Verlängerung der Frist für den Insolvenzantrag des Schuldners reagiert. Nunmehr muss innerhalb von 120 Tagen (statt vorher innerhalb von 60 Tagen) nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag gestellt werden. "Das ist zwar gut gemeint", findet Gottfried Forsthuber. "Das Problem ist damit aber noch nicht gelöst. Es besteht nämlich noch immer die Möglichkeit des Gläubigers, einen Antrag zu stellen."

Das würde viele Unternehmen in der aktuellen Krise "am falschen Fuß" erwischen. Die Zahlungsfähigkeit muss in solchen Fällen nämlich für die kommenden zwei Jahre wahrscheinlich sein. "In der momentanen Krise, in der sich wöchentlich die Umstände ändern, ein Ding der Unmöglichkeit", so der Anwalt.



Forsthuber fordert: "Es braucht eine gesetzliche Klarstellung, was genau unter Zahlungsunfähigkeit/Zahlungsstockung und Überschuldung in Zeiten einer Pandemie, wie wir sie gerade erleben, zu verstehen ist. Hier wird ein anderer Maßstab anzusetzen sein. Ansonsten drohen Insolvenzanträge gegen an sich gesunde Unternehmen!"