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CSU-Chef Seehofer droht Merkel mit Verfassungsklage

Heute Redaktion
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Horst Seehofer, Chef der bayrischen CSU, kündigte "Notwehrmaßnahmen" an, sollte der Flüchtlingszustrom nicht gestoppt werden. Er droht damit, Flüchtlinge notfalls in Bussen nach Österreich zurückzuschicken. Am Freitag wurde in München ein "Integrationsgesetz" mit zahlreichen Maßnahmen angekündigt. Sowohl die eigene Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), als auch Österreich sind dagegen.

(CDU), als auch Österreich sind dagegen.

Erst vor kurzem bezog die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und plädierte für Menschlichkeit und eine gesamteuropäische Lösung ohne nationalen Egoismus. Ihr Unionspartner Horst Seehofer bietet ihr nun offen die Stirn.

Gegenüber der "Bild"-Zeitung kündigte er Notwehrmaßnahmen an, die er am Freitag in einer Pressekonferenz konkretisierte. Sollte der Flüchtlingszustrom nach Bayern nicht weniger werden, will er Flüchtlinge an der Grenze zu Österreich abweisen oder auch direkt in andere deutsche Bundesländer durchwinken. Ein neues Integrationsgesetz soll zudem mehr Bildungsmaßnahmen, 28.000 neue Wohnungen bis 2019 und Verstärkung für die Polizei bringen.

Umfangreiches Paket

3.777 neue Polizisten und Verwaltungsbedienstete will Seehofer zusätzlich einstellen, 60.000 Menschen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integrieren. Im Bildungsbereich sollen 1.700 neue Lehrkräfte für gelingende Integration sorgen. Bis 2019 will man außerdem 28.000 staatliche und staatlich geförderte Mietwohnungen in Bayern bauen. Das Bayrische Integrationsgesetz soll gemeinsame Werte und Respekt für die Rechtsordnung lehren, das Erlernen der deutschen Sprache ist ebenfalls ein zentraler Punkt.

Verfassungsklage

In Sachen Grenzschließungen und Rückführungen gab es viel heiße Luft. Sollte die deutsche Bundesregierung und die EU die geltenden Rechtsnormen nicht einhalten, will man ernst machen. Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) droht Merkel außerdem mit einer Verfassungsklage. Beobachter halten das allerdings für viel heiße Luft, hinter der keine ernsthaften Absichten stecken.

Was sagt Merkel?

Die Gesprächsbasis, die man mit Bundeskanzlerin Merkel habe, sei unverändert gut, betonte Seehofer in der Pressekonferenz. Ein neuer Streit zwischen Bayern und der Bundesregierung scheint jedoch angesichts des deutlichen Ultimatums bevorzustehen.

Reaktion von Mikl-Leitner

Bayern will nicht länger hinnehmen, dass Österreich Flüchtlinge ungehindert nach Bayern durchwinkt. Österreich werde "angemessen" auf die Entscheidung Bayerns reagieren, kündigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) an.

"Dazu braucht es dann die dementsprechend raschen Entscheidungen der gesamten Bundesregierung", sagte die Innenministerin. Man bereite sich "auf mehrere Szenarien vor". Wenn Deutschland beginne, "die Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschieben, dann droht unserem Land eine humanitäre Krise neuen Ausmaßes", sagte Johanna Mikl-Leitner noch am Donnerstagabend.

Sie befürchtet gewaltsame Proteste im Grenzgebiet, falls Bayern wie angekündigt Migranten abweisen sollte. "Wenn Flüchtlinge nach Österreich zurückgeschickt werden, die in Deutschland bleiben wollen, dann muss man letztendlich mit Ausschreitungen rechnen."

Mikl-Leitner befürchtet "Rückstau"

Zudem werde es zu einem "Rückstau" kommen, weil pro Tag auch in Österreich immer noch 5 bis 6.000 Flüchtlinge ankämen. Mikl-Leitner sprach in Luxemburg nach eigenen Angaben auch mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere. Beide "machen sich natürlich große Sorgen", sagte sie.

Kurz: "Nicht im Sinne des europäischen Gedankens"

Auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte vor einer Konferenz der EU in Luxemburg mit den Westbalkan-Staaten sowie mit Jordanien, dem Libanon und der Türkei zur Westbalkan-Route, es brauche mehr Hilfe an Ort und Stelle. Dort könne die EU auch bei den Fluchtursachen ansetzen.

"Wenn wir keine Grenzsicherheit an den EU-Außengrenzen zustande bringen, dann werden mehr und mehr Staaten das fortsetzen, was sie schon begonnen haben, nämlich selbst Grenzkontrollen durchzuführen, und das ist nicht im Sinne des europäischen Gedankens".

Tschechien will Grenzen schließen

Unterdessen könnte Tschechien noch vor den Bayern bereits am Sonntag seine Grenzen wegen der Zahl der ankommenden Flüchtlinge wieder schließen und wieder Grenzkontrollen einführen sowie Zugsverbindungen aus Österreich unterbrechen. Entsprechende Absichten bestätigte Innenminister Milan Chovanec.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erteilte einer innereuropäischen Abschottung zur Abwehr von Flüchtlingen wie Merkel eine Absage. "Europa hatte lang genug eine Mauer", sagte Juncker am Donnerstagabend in Passau.