Politik

"Damit keiner herumsitzt" – Streit um Zelte geht weiter

Innenminister Gerhard Karner verteidigt die Flüchtlingszelte. Der Protest aus den Bundesländern geht hingegen weiter.

Heute Redaktion
Am Samstag wurden in der Gemeinde St. Georgen im Attergau die ersten Zelte für Flüchtlinge aufgestellt.
Am Samstag wurden in der Gemeinde St. Georgen im Attergau die ersten Zelte für Flüchtlinge aufgestellt.
Daniel Scharinger / picturedesk.com

Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Zelte für Flüchtlinge geht in die nächste Runde. In St. Georgen im Attergau (Bezirk Vöcklabruck) stehen seit Samstag 17 beheizte Acht-Mann-Zelte, in denen Flüchtlinge untergebracht sind. In Klagenfurt und Villach sind es je fünf, die seit dem Wochenende bewohnt werden. Die Länder müssen für diese Maßnahme nicht zustimmen, denn die Zelte stehen auf Flächen des Bundes.

"Schäme mich dafür"

Die Gemeinde St. Georgen im Attergau protestiert nun dagegen und möchte im Zuge einer Demonstration die Auffahrt zur Autobahn A1 sperren. "Wir treffen uns am 26. Oktober um 10.30 Uhr vor dem Gemeindeamt und marschieren dann Richtung Autobahnauffahrt, um dort unseren Unmut kundzutun", erklärt Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP). Laut seinen Angaben werde seine Gemeinde als Druckmittel verwendet, "Heute" berichtete.

"Ich schäme mich dafür, dass in Österreich Menschen in Zelte untergebracht werden. Das ist unvernünftig und beschämend", erklärte der ÖVP-Politiker bei einer Pressekonferenz. Auch die anderen Bundesländer wehren sich gegen die Maßnahme von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Die SPÖ Burgenland fordert die Regierung sogar zum Rücktritt auf. 

Die Kärntner FPÖ kritisiert den Innenminister scharf: "Karner kann derartige Zelte gerne in seinem eigenen Garten aufstellen, jedoch soll er aufhören die Kärntner Bevölkerung für das eigene absolute Versagen der türkis-grünen Bundesregierung bei der Umsetzung der seit Jahren von der FPÖ geforderten und nötigen absoluten Null-Zuwanderung zu bestrafen", heißt es.

"Diese Menschen haben oft im Freien übernachtet"

Der Innenminister verteidigte auf "Ö1" die Zelte: "Unsere Aufgabe ist es, zu verhindern, dass junge Männer, die praktisch keine Chance auf Asyl haben, vor Schulen, vor Kindergärten, auf unseren Hauptplätzen, auf den Dorfplätzen, auf Bahnhöfen herumsitzen."

Acht Personen haben in den Zelten Platz, pro Feldbett gibt es zwei Decken, einen Polster, dazu Beleuchtung und einen Heizstrahler für alle. "Diese Menschen haben auf ihrem Weg nach Europa in Zelten und oft im Freien übernachtet", argumentierte er weiter in der "Kronen Zeitung". Er verstehe, dass die Situation für Bürgermeisterinnen und -meister nicht einfach sei: "Da hab’ ich großes Verständnis für manchen Ärger", aber man müsse Dinge eben anpacken.

Rund 90.000 Menschen in Grundversorgung

Rund 90.000 Menschen sind in Grundversorgung, davon sind 56.000 Ukrainer. Zum einen mangelt es in Österreich an Quartieren, zum anderen kommen nun viele ukrainische Flüchtlinge in der Landesbetreuung unter, die zuvor bei Familien in privaten Haushalten beherbergt waren.

Laut dem Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) werden in den kommenden Wochen noch mehr Flüchtlinge erwartet. Einerseits würden durch den Krieg Ankünfte aus der Ukraine steigen. Andererseits strebt Serbien eine Harmonisierung der Visaregeln mit der EU bis Jahresende an. Damit wäre dieser Weg nach Europa unterbunden – was dazu führt, dass Schlepper dazu noch davor möglichst viele Menschen nach Österreich bringen wollen, berichtet der "Kurier".

Scharfe Kritik kommt auch von vielen NGOs. "Die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten war nie eine Lösung und kann keine sein", sagt etwa Andreas Schmollmüller von der Volkshilfe Oberösterreich gegenüber "Heute". Als Volkshilfe sei man im Grunde immer auf der Suche nach festen und guten Quartieren.

Im heurigen Jahr wurden an Österreichs Grenzen 75.000 Migranten aufgegriffen. "Das sind mehr als in den Jahren 2017 bis 2021 zusammen", sagte Gernot Gasser, Militärkommandant des Burgenlandes, gegenüber der APA. Die Asyl-Zahlen erinnerten an die Rekorde aus den Jahren der Flüchtlingswelle 2015 und 2016.

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    Der erste Blick auf die Asyl-Notquartiere.
    Der erste Blick auf die Asyl-Notquartiere.
    zVg