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Das entgegnet Nestlé im Kampf ums Trinkwasser

An Orten wie Vittel, wo Nestlé abpumpt, wird das Wasser knapp. Wasser sei ein Grundrecht und keine Ware, sagen Kritiker.

Heute Redaktion
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Nestlé ist nicht nur der größte Nahrungsmittel-, sondern auch der größte Wasserkonzern der Welt. Mit Marken wie Vittel, Perrier, S. Pellegrino, Contrex oder Pure Life machte der Riese im ersten Halbjahr 2018 einen Umsatz von rund 3,5 Milliarden Euro. In Vittel wird das Wasser jetzt allerdings an einer der Quellen knapp.

Eine extra gegründete Wasserkommission in dem Städtchen in den französischen Vogesen hat nun beschlossen, dass die Gemeinde mit Grundwasser aus dem Umfeld von zehn bis 20 Kilometer versorgt wird, wofür eine Pipeline gebaut werden soll. Nestlé beteiligt sich daran, damit den Einwohnern keine zusätzlichen Kosten entstehen. "Das ist das gemeinsame Ziel, an dem wir mit allen Beteiligten in den kommenden Monaten arbeiten", sagt eine Nestlé-Sprecherin zu "20 Minuten".

Viele hängen an Vittels Quelle

Diesen Herbst sollen die Details zur Umsetzung beschlossen werden. Nestlé hat die Wasserentnahme der immer spärlicher nachsickernden Quelle Vittel Bonne Source schon um 25 Prozent gedrosselt. Der Konzern nutzt ohnehin weniger als ein Drittel, auch andere lokale Firmen und die Gemeinde selbst entnehmen dort Wasser. Die für die Wassermarken Vittel oder Contrex abgefüllten Flaschen kommen zum größten Teil aus zwei anderen Quellen in dem Gebiet.

"Die Wasserversorgung wird mit der zunehmenden Weltbevölkerung sicher zu einer Herausforderung", sagt Cédric Egger zu "20 Minuten". Er ist Global Water Ressource Manager von Nestlé Waters. Es sei sehr wichtig, dass die Probleme wie in Vittel rechtzeitig erkannt und gelöst würden, noch bevor es zur akuten Knappheit für die Bevölkerung in der Region komme. "Private wie öffentliche Wassernutzer müssen gemeinsam daran arbeiten."

Trinkwasser ist ein Menschenrecht

"Wasser ist keine Ware, sondern ein Grundrecht und öffentliches Gut, das demokratisch kontrolliert werden muss"", sagt Franziska Lauper. Die Geschäftsleiterin der Hilfsorganisation Terre des Hommes Schweiz kritisiert die Vermarktung durch Firmen wie Nestlé: "Sie verfolgen damit ein Profitinteresse." Laut Lauper sind gerade im Zuge der Wasserknappheit Firmen wie Nestlé immer mehr an einer Privatisierung auch von Trinkwasser interessiert. Zwar nicht in Frankreich oder der Schweiz, aber etwa in Brasilien.

Nestlé macht mit Wasser eine Gewinnmarge von zehn Prozent, das ist im Gegensatz zu seinem Nahrungsmittelgeschäft zwar wenig (dort liegt die Marge um 20 Prozent), aber Wasser gehört zur langfristigen Wachstumsstrategie des Konzerns.

Wassersektor im Wandel

Das Interesse des Konzerns an der Wasserfrage ist groß. Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke leitet so auch die Water Resources Group – ein Gremium, in dem neben Nestlé, Pepsico und Coca Cola auch die Weltbank und die Schweiz sitzen. Ins Leben gerufen wurde die Gruppe vor einigen Jahren auf dem Weltwirtschaftsforum.

Erklärtes Ziel der Gruppe ist, die Wasserversorgung durch gemeinsames Vorgehen von Konzernen, Regierungen und Zivilgesellschaft bis 2030 sicherzustellen. "In den meisten Ländern geht es im Wassersektor nicht mehr weiter wie bisher", schreibt Bulcke im jüngsten Report der Gruppe. In den kommenden Jahrzehnten werde Wasser eine wichtige Investition für öffentliche und auch private Interessengruppen.

Lauper von Terre des Hommes Schweiz hat zusammen mit anderen Schweizer Organisationen in einem öffentlichen Brief vor wenigen Wochen die Mitgliedschaft der Schweiz in der Water Resources Group angeprangert. Die Schweizer Entwicklungshilfe unterstützt die Gruppe mit jährlichen Zahlungen und Deza-Chef Manuel Sager sitzt dort im Verwaltungsrat. Lauper kritisiert, dass dort nur Großkonzerne und Regierungsvertreter vertreten sind, aber niemand von der Zivilgesellschaft. "Dabei geht es doch eigentlich um die, und in vielen Staaten vertreten Regierungen nicht unbedingt die Interessen der benachteiligten Bevölkerung."

Bis 2025 werden schätzungsweise 1,8 Milliarden Menschen in Ländern oder Regionen mit absoluter Wasserknappheit leben, so das Deza. "Die Water Resources Group hat nicht zum Ziel, die Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern zu privatisieren", sagt Deza-Sprecherin Carole Wälti. Es gehe darum, den Wasserverbrauch und die Verschmutzung durch den Privatsektor zu reduzieren.