Seit dem 24. Februar 2022 führt die russische Armee einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit Mitte 2024 immer dramatischere Ausmaße annimmt. Die Ukraine hat im August 2024 eine Gegenoffensive in der russischen Grenzregion Kursk gestartet und den Kreml damit unter Druck gesetzt. Zudem habe die USA der Ukraine am 18. November 2024 gestattet, ATACMS-Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies gilt als Antwort auf den Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Moskaus.
Der russische Präsident Wladimir Putin wiederum hat mit einem Angriff auf die Ukraine mit einer neuen Hyperschall-Mittelstreckenrakete reagiert und mit weiteren Schlägen gedroht. In einer Videoansprache nannte er das System Oreschnik – es könne nicht abgefangen werden, behauptete der Kreml-Chef. In der ukrainischen Großstadt Dnipro waren am Donnerstagmorgen mutmaßlich sechs Sprengköpfe der Rakete eingeschlagen. Putin drohte zudem mit Angriffen auf Staaten, die der Ukraine den Einsatz ihrer Raketen für Attacken auf Russland erlauben.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Weltgemeinschaft zu einer entschiedenen Reaktion auf den russischen Angriff mit einer neuen Mittelstreckenrakete aufgefordert. "Dies ist eine eindeutige und ernsthafte Ausweitung des Ausmaßes und der Brutalität dieses Krieges, eine zynische Verletzung der UNO-Charta durch Russland", schrieb Selenski in sozialen Netzwerken. "Es ist ihm egal, was China, Brasilien, die europäischen Länder, Amerika und alle anderen Länder der Welt fordern." Droht damit nun die komplette Eskalation des Krieges?
In der ORF-"ZIB2" mit Moderatorin Marie-Claire Zimmermann analysierte am Freitagabend der Militär- und Sicherheitsexperte Gustav Gressel die Situation im Krieg. "Davon sind wir relativ weit entfernt", so der Experte dazu, dass jetzt andere westliche Staaten, wie von Wladimir Putin gedroht, Ziel von russischen Angriffen werden könnten. Die russische Armee sei in der Ukraine gebunden, das russisches Arsenal habe dadurch nicht die Mittel, "eine Eskalation mit der Nato einzugehen". In der Ukraine sei die Bedrohung aber für massivere Angriffe größer geworden.
Und Putins Drohungen, sind das leere Worte? "Natürlich will er die Öffentlichkeit verunsichern", aber er habe ähnliche Drohungen bereits 2018 ausgesprochen, vermehrt auch in den 2000er und 2010er Jahren gegen Nato-Staaten, so der Experte. "Die Intention zu drohen" gebe es, die Möglichkeit, die Drohungen umzusetzen und die Folgen, die seien aber schwieriger als vor dem Krieg. Joe Biden hingegen habe konsequent gehandelt – er habe die Warnung ausgesprochen, dass es Konsequenzen geben werde, wenn nordkoreanische Soldaten in den Krieg einsteigen würden, "da wollte er eine Grenze ziehen, die muss man dann natürlich auch ziehen".
"Putin umgekehrt will jetzt auch einen Pflock einschlagen", deswegen habe er "eine bildmäßig eindrucksvolle Show" mit dem Hyperschall-Raketenangriff abgeliefert, so der Experte. Die Waffe, deren Einsatz über 50 Millionen kosten würde, hätte aber eher "Signalwirkung", denn getroffen worden seien eine alte Fabrik und ein paar Wohnhäuser, während herkömmliche Gleitbomben weit mehr Verwüstungen anrichten würden. Die Hyperschall-Rakete sei "nichts, was jetzt täglich kommen wird", so Gressel. Hintergrund dürfte auch sein, dass Putin testen wolle, was er sich in Hinblick auf die Präsidentschaft von Donald Trump erlauben könne, so der Experte. Und was könne man von Trump erwarten? "Wir wissen nicht genau, was er vorhat", so Gressel, Trump werde sich aber wohl eher US-intern engagieren, als gleich in der Außenpolitik.