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Das tun Jugendliche, um Influencer zu werden

Heute Redaktion
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Eine Zeitschrift gibt 14-Jährigen eine Anleitung, wie sie zum Social-Media-Star werden. Viele träumen vom Leben als Influencer und bauen ihre Scheinwelt auf.

Das amerikanische Magazin "Teen Bo$$ – Dream Big & Learn Fast", vergleichbar mit der deutschen "Bravo", erklärt, wie Jugendliche am besten vorgehen, wenn sie schnell reich und berühmt werden wollen. Im Heft werden Jugendliche porträtiert, die sogenannten "Teen Bosse". Die erzählen, wie sie es dank YouTube und Instagram geschafft haben – sei es mit einer eigenen Kosmetiklinie oder weil sie Seifen in Form von Cupcakes verkaufen.

Die Teenager bekommen auch Tipps: "Sei du selbst!", lautet einer in der jüngsten Ausgabe. Das Influencer-Fieber ist längst auch nach Europa übergeschwappt. Im Kampf um Likes und Aufmerksamkeit eifern die Nachwuchs-Influencer ihren Insta-Idolen nach. Das Ziel: Das Leben eines erfolgreichen Social-Media-Stars zu simulieren.

"Die Leute sollen schon sehen, dass wir es uns leisten können"

Ein Beispiel sind L.K.* (19) und R.S.* (21) aus Zürich: Die Lehrlinge mieten über Mittag ein repräsentatives Auto und machen damit Fotos. Gegen elf Uhr reservieren sie jeweils über die Mobility-App ein Auto für etwa eine Stunde. Meistens einen Audi A5. "Wenn wir das Auto haben, fahren wir durch Zürich und suchen uns einen schönen Platz fürs Mittagessen."

Meistens sei es so, dass sie ein bis zwei Fotos mit dem Auto machen, diese mit dem Hashtag "Mittag" versehen und die Bilder dann auf Instagram oder Snapchat laden, erklären die beiden. "Die Leute sollen schon sehen, dass wir es uns leisten können."

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Restaurant wird zur Fotokulisse

Ebenfalls beliebt: Ein Besuch in einem angesagten Restaurant: Die Zürcherin H.I.* erzählt, sie nutze häufig ein angesagtes orientalisches Restaurant als Fotokulisse. Sie besuche die schönsten Lokale, um schnell ein Bild zu posten und möglichst viele Likes zu bekommen.

Das Essen sei gar nicht gut, sagt I., sie gehe nur für ein Foto ins Restaurant. Dann gesteht sie: "Ich gehe danach bei McDonald's vorbei, weil ich immer noch Hunger habe." Es gehe darum, dass man zeigen könne, dass man dort gewesen sei, und den Ort verlinken könne. So erreiche der Post mehr Menschen in den sozialen Medien und das bringe wiederum mehr Follower.

"Ein erfolgreicher Influencer lebt von Authentizität und Transparenz"

Eine Influencerin mit rund 10.000 Followern, die nicht namentlich genannt werden möchte, kennt einen weiteren Trick: "Viele Menschen bestellen etwa bei Zalando teure Kleider und machen Fotos für Instagram." Sie würden zeigen, dass sie angesagte Kleider hätten und die gleichen Marken tragen wie die Promis. Wenn das Foto hochgeladen sei, würden die meisten die Kleider wieder zurücksenden.

Doch wird man so tatsächlich groß auf Social Media? Influencerin Nives Arrigoni hat 15.000 Follower und sagt: "Ein erfolgreicher Influencer lebt von Authentizität und Transparenz. Er bildet seine Persönlichkeit über sein Instagram-Profil ab." Entsprechend lasse sich das Erfolgsrezept nicht pauschalisieren und in eine Anleitung verpacken – abgesehen von ein paar formalen Vorgaben wie Posting-Zeiten. Falsch sei es aber, eine Scheinwelt aufzubauen: "Warum in einem Lokal essen, wo die Person nie hingehen würde, nur für Likes?"

"Man sollte nicht alles 1:1 glauben"

Eveline Hipeli, Medienpädagogin und Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zürich, sagt: "Man sollte sich immer fragen, wie realistisch das angestrebte Ziel ist und ob man es als Influencer wirklich nachhaltig zu etwas bringen kann." Hobbymäßig einen Vlog zu erstellen, sei sicher keine schlechte Sache, wenn man sich gut überlege, wie man sich damit darstelle. Es reiche nicht aus, einfach ein wenig aktiv in den sozialen Medien zu sein, um berühmt zu werden. "Das wäre ziemlich naiv. Die Jugendlichen sollten realistisch bleiben, um sich vor Enttäuschungen zu schützen. Wer plötzlich nur noch das perfekte Bild oder Selfie im Kopf hat, um Follower zu halten und zu generieren, der übertreibt das Ganze", erklärt Hipeli.

Den Konsumenten von Plattformen wie Instagram rät sie: "Man sollte nicht alles 1:1 glauben, was einem da präsentiert wird, sondern kritisch die Personen, Produkte und Inhalte betrachten. Da wird einem auch sehr oft eine idealisierte Wunschwelt vorgezeigt."

*Namen der Redaktion bekannt (wsa)