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Das waren die Filmfestspiele von Cannes 2015

Heute Redaktion
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Preisverleihung beim Festival Cannes: Mit der Goldenen Palme für das Migrations-Drama "Dheepan" von Jacques Audiard zeichnete die Jury um Joel & Ethan Coen einen herausragenden Film des realistischen Kinos aus.

Preisverleihung beim Festival Cannes: Mit der Goldenen Palme für das Migrations-Drama "Dheepan"  von Jacques Audiard zeichnete die Jury um Joel & Ethan Coen einen herausragenden Film des realistischen Kinos aus.

 

Die Juroren schwärmten, als sie am Sonntag Abend in Cannes zur Preisverleihung schritten. Jury-Sprecher Joel Coen nannte die Ansicht der 19 Filme des Wettbewerbs "eine der besten Erfahrungen meines Lebens".  Mit Preisen belohnt - zur Jury zählten auch Stars wie - wurden dann vorwiegend Filme, die sich gesellschaftlichen und politischen Themen widmeten.

Der Siegerfilm "Dheepan" ist ein  würdiger Gewinner der Goldenen Palme. Der französische Star-Regisseur Jacques Audiard ("Ein Prophet") schafft es, das meist in abstrakten Zahlen behandelte Flüchtlingsproblem Europas menschlich zu machen - und Sympathie für die Einwanderer zu wecken. Drei Menschen aus Asien sind es, die in "Dheepan" vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka flüchten und in Frankreich eine neue Heimat suchen. Audiard schildert - in Szenen voller Sensibilität, aber auch voller Gewalt - wie schwer es für sie ist, in einer völlig fremden Umgebung die ersten Schritte zur Integration zu tun.  Ganz großes Kino.

Dieses Prädikat gilt auch für den ungarischen Film "Saul Fia" ("Sohn von Saul"), der mit dem Großen Preis des Festivals ausgezeichnet wurde. Regisseur Laszlo Nemes fand für das schaurige Thema des Leidens und Sterbens im KZ Auschwitz eine eindrucksvolle filmische Form. Die Tragödie, in einem fast quadratischen Bildformat gedreht, konzentriert sich auf die Gesichter der Hauptfiguren. Die Qual rundherum ist nicht zu sehen, aber wie in einem Hörspiel stets präsent. "Saul Fia" wird bereits als möglicher Oscar-Kandidat gehandelt.

Rauer Realismus war ebenfalls im Drama "Chronic" angesagt, dessen Autor und Regisseur, der Mexikaner Michel Franco, den Drehbuchpreis gewann. Tim Roth spielt einen Pfleger auf einer Palliativ-Station; der seinen unheilbar kranken Patienten auf deren Wunsch auch Sterbehilfe anbietet.  Um die Realität der Arbeitslosigkeit geht es im französischen Beitrag mit dem zynischen Titel "La Loi du Marché" ("Das Gesetz des Marktes"), dessen Hauptdarsteller Vincent Lindon zum besten Schauspieler des Festivals gewählt wurde.

 

Selbst die ästhetische und hochelegante Love Story "Carol", für die Rooney Mara den Preis der besten Darstellerin bekam, ist nicht frei von politischen Anspielungen. In Todd Haynes' Verfilmung eines Romans von Patricia Highsmith geht es um das Tabu einer lesbischen Liebe in den frühen Fünfziger Jahren.

Zwar teilte die Jury den Darstellerinnen-Preis auf zwei Gewinnerinnen auf, doch , die Partnerin von Rooney Mara in "Carol", ging leer aus. Stattdessen wurde die Französin Emmanuelle Bercot (für das Beziehungsdrama "Mon Roi") mit der Auszeichnung bedacht. Das bedeutete einen doppelten Triumph für die Bercot: Als Autorin und Regisseurin hatte sie mit "La Tete Haute" (ebenfalls ein realistisches Drama) den Eröffnungsfilm des Festivals beigestellt. 

Filme, die eher künstlerisch als thematisch herausragten, kamen bei der Preisverteilung des 68. Festivals von Cannes nur zwei Mal zum Zug. Der chinesische Filmemacher Hou Hsiao-Hsien erhielt für das Kostümdrama "The Assassin" den Preis für die beste Regie. Und der Grieche Yorgos Lanthimos wurde für die versponnene Sci-Fi-Fantasie "The Lobster" (sie spielt in einer Gesellschaft, in der es verboten ist, allein zu leben) mit dem Preis der Jury gewürdigt.

 

Gunther Baumann, Cannes

 

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Die Liste mit sämtlichen Gewinnern finden Sie auf der nächsten Seite.

Goldene Palme:
"Dheepan" - Regie: Jacques Audiard

Grosser Preis der Jury:

"Saul Fia" ("Sohn von Saul") - Regie: László Nemes

Beste Regie:

Hou Hsiao-Hsien - "The Assassin"

Beste weibliche Schauspielerin:

Rooney Mara - "Carol" und

Emmanuelle Bercot - "Mon roi"

Bester männlicher Schauspieler:

Vincent Lindon - "La loi du marché"

Bestes Drehbuch:

Michel Franco - "Chronic"

Jurypreis:

"The Lobster" - Regie: Yorgos Lanthimos

Goldene Palme für den besten Kurzfilm:

"Waves ‘98" - Regie: Ely Dagher

Goldene Palme für das Lebenswerk:

Agnès Varda

Un Certain Regard:

Hauptpreis: "Rams"

Jury Preis: "Zvizdan - The High Sun"

Beste Regie: "Journey to the Shore"

Talent Preis: "Comoara - The Treasure"

Vielversprechende Zukunft Preis: "Masaan - Fly Away Solo und Nahid"

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