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"Deathloop" im Test: Immer und immer wieder ein Hit

In einer Zeitschleife gefangen zu sein, ist für den Protagonisten in "Deathloop" eine Qual. Für den Spieler aber ist Arkanes neues Game ein Genuss.

Rene Findenig
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    Was für einen klassischen Shooter-Zocker ein Tabu ist, nämlich statt bei Checkpoints nach dem Tod weitermachen zu können, dreht "Deathloop" komplett um. Wer stirbt, beginnt von vorne.
    Was für einen klassischen Shooter-Zocker ein Tabu ist, nämlich statt bei Checkpoints nach dem Tod weitermachen zu können, dreht "Deathloop" komplett um. Wer stirbt, beginnt von vorne.
    Bethesda

    Wenn Zeitschleifen-Reisen auf einen Shooter treffen, dann ist das erst einmal ungewohnt. Aber wie schon bei "Returnal" wird Mut belohnt und neue Mechaniken sorgen für einen Quantensprung in einem eigentlich sehr eingefahrenen Genre. Bei "Deathloop" für PS5 und PC vom Microsoft-Studio Arkane ist so gar nichts typisch, dafür alles umso beeindruckender. Es ist ein Game für schnelle Finger, aber aufgrund der vielen Story-Wendungen und -Rätsel muss man auch Köpfchen mitbringen.

    Was für einen klassischen Shooter-Zocker ein Tabu ist, nämlich statt bei Checkpoints nach dem Tod weitermachen zu können, dreht "Deathloop" komplett um. Wer stirbt, beginnt von vorne, der Game-Tag wiederholt sich immer wieder. Die Zutaten dazu sind recht einfach: Als Startgebiet dient ein beschaulicher Meeresstrand, als Waffe eine Maschinenpistole. Ach ja, und einen Feind braucht es. Der begegnet uns immer und immer wieder in Form der rätselhaften Julianna.

    Nur einen Tag Zeit, sonst Ewigkeit

    Der Spieler selbst übernimmt in der Ego-Perspektive die Rolle des Protagonisten Colt, über den wir anfangs ebenso wenig wissen wie über den Strand, die Gegnerin und warum wir nach jedem Tod wieder von vorne beginnen dürfen. Schnell wird aber klar: Wir sind da in einer Zeitschleife gefangen und unser Ziel besteht darin, aus dieser auszubrechen. Die Spielregeln selbst lernt Colt auf die harte Tour kennen. Was als einfacher Killer-Auftrag beginnt, zeigt bald seine fiesen Details.

    Colt soll, um der Zeitschleife zu entkommen, acht Zielpersonen töten. Innerhalb eines Tages und immer verfolgt von der Gegenspielerin namens Julianna. Und darf dabei nur drei tödliche Fehler machen. Klingt schon jetzt kompliziert? Wird noch besser! Denn der Spieler darf sich aussuchen, zu welcher der vier Tageszeiten (Morgen, Mittag, Nachmittag, Abend) er die vier riesigen Schauplätze des Spiels besucht, denn die Zielpersonen können nur zu bestimmten Zeiten getötet werden.

    Eine Prise "Hitman" in Ego-Perspektive

    Scheitert man, ja, richtig geraten, geht alles von vorne los und er Tag startet neu. Das wird allerdings sowieso Dutzende Male passieren und ist auch so gewollt, denn erst nach und nach muss man selbst herausfinden, wo sich die Spielfiguren wann aufhalten werden und wie man sie am besten auslöschen kann. Das Geniale: Es gibt keine brachialen Schießorgien, sondern Schauplätze müssen ausgekundschaftet, Schleich- und Fluchtwege gefunden werden. "Deathloop" spielt sich in dieser Hinsicht wie ein "Hitman" in Ego-Perspektive.

    Anders als in "Hitman" müssen wir uns aber erst auch einmal unsere Ausrüstung besorgen, die anders als unser Fortschritt nach unserem Spieltod mit in den nächsten Versuch übernommen wird. Mit jedem Versucht lernt man also nicht nur die Umgebung und die Gewohnheiten der Ziele besser kennen, sondern kann sich auch ein Stück weit besser für den Einsatz ausrüsten. Das Spiel wirft uns aber nicht nur in einen Kreislauf aus Tod und erneutem Versuch, sondern kombiniert das auch geschickt mit der Handlung und dem Gameplay - aus Spoiler-Gründen sparen wir dazu aber Details aus.

    "Dishonored" lässt ebenfalls grüßen

    Jeder Versuch startet gleich, wobei nach und nach mehr Elemente ins Spiel kommen: Besitzt man Anfangs nur die eine Waffe, kann man mit der gesammelten Ausrüstung schnell immer wieder neue Ausrüstungssets zusammenstellen, mit denen man den nächsten Versuch wagen will. Auch beim Spielen ist "Deathloop" kein typischer Shooter: Statt geballert kann auch angeschlichen und lautlos gekillt werden, "Dishonored" lässt grüßen. Außerdem lassen sich verschiedene Verteidigungsanlagen wie etwa Geschütztürme hacken und gegen die Feinde einsetzen.

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    Etwas schade ist, dass "Deathloop" bisher nur einen einzigen Schwierigkeitsgrad gibt, denn in einigen Passagen ist der Anspruch eher gering. Das eigentliche Highlight ist aber sowieso das Erkunden und Entdecken, auf welchen Wegen man die Zielpersonen möglichst schnell und effizient um die Ecke bringen kann, ohne ihn zu wilde Kämpfe oder aussichtslose Situationen zu geraten. Kleiner Hinweis: Die Möglichkeiten sind enorm, nicht nur Schießprügel, sondern auch Türen, Gänge und Automaten können beim richtigen Einsatz (und wenn man ihn erst herausgefunden hat) zur tödlichen Waffe werden.

    Einfach mal andere Spieler in die Mangel nehmen

    Neue Items und Ausrüstungsgegenstände lassen sich auch über nette Nebenaufgaben einheimsen, die ebenfalls neue Handlungsstränge rund um Colt und Julianna offenbaren. Die Spieldauer selbst geht jedoch alleine mit der Hauptquest schnell Richtung der 50 Stunden, was auch vom Geschick und Erkundungswillen abhängig ist. Scheitert man nämlich erst bei späteren Zielpersonen, müssen alle vorherigen erneut eliminiert werden. Etwas Frust kann dabei aufkommen, wenn man die eine Hälfte der Ziele fast schon im Schlaf ausschalten kann, gegen die weiteren aber noch kein Mittel gefunden hat.

    Bei "Deathloop" handelt es sich, und auch das ist genial gelöst, übrigens um kein reines Einzelspieler-Game. Man selbst kann an bestimmten Punkten in den Kreislauf eines anderen Spielers eindringen und übernimmt dort die Rolle von Julianna, um es dem Colt in Form des Mitspielers so richtig zu zeigen. Umgekehrt aber dringen auch andere menschliche Spieler in unseren Anlauf ein und machen uns das Leben mit beinharten Feuergefechten schwer. Wer ganz auf die Multiplayer-Komponente verzichtet, bekommt es dagegen immer wieder mit einer KI-gesteuerten Julianna zu tun.

    Technisch alles supersauber umgesetzt

    Die Multiplayer- oder KI-Kämpfe sind nicht nur äußerst spannend, sondern auch einer der Hauptgründe, warum man in "Deathloop" gleich reihenweise stirbt. Frustrierend ist das allerdings nicht, und wer sich in den Gefechten beweisen kann, hat immerhin die Chance auf sehr lukrative Beute, die es sonstwo kaum im Game zu holen gibt. Handelt es sich anfangs um reine Feuergefechte, kommen im späteren Verlauf auch jede Menge übermächtige Skills wie eine zeitweise Unsichtbarkeit oder streckenweise Teleportation hinzu. Das schlichte Ballern macht aber dennoch enorm Spaß, vor allem wegen dem wirklich Shooter-gerechten Feedback.

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    Technisch läuft letztlich alles supersauber ab. Wirklich sehen lassen kann sich die Unterstützung des DualSense-Controllers der PlayStation 5: Wenn Waffen blockieren ist dies an den Trigger-Tasten sofort spürbar, jede Waffe fühlt sich beim Rütteln und Vibrieren des Gamepads unterschiedlich an und sogar jeder Schritt des Protagonisten wird durch einen leichten Ruck spürbar über den DualSense-Controller übertragen. Außerdem werden Funknachrichten auf Wunsch direkt über den Controller-Lautsprecher ausgespielt. Kurz: An so gut wie alles wurde gedacht. Dazu gibt es eine extrem gut gemachte und sympathische deutsche Sprachausgabe und glaubhaft agierende Synchronsprecher.

    Immer und immer wieder ein Hit

    Grafisch arbeitet "Deathloop" mit der Void Engine, die vor allem mit flüssigen Animationen und detaillierten Umgebungen glänzen kann. Spieler können sich auf der PS5 zwischen den drei Grafik-Modi Raytracing mit 4K und 30fps, Bildqualität mit priorisierten 4K und 60fps sowie Leistung mit 4K und priorisierten 60fps entscheiden, wobei alle drei einen hervorragenden Eindruck machen. Ruckler kamen kaum, Grafikfehler so gut wie gar nicht vor. Und die Ladezeiten, man kennt es von der PlayStation 5, sind wiederum ultrakurz gehalten, so dass jeder Durchgang beinahe sofort gestartet werden kann.

    "Deathloop" ist ein echter Hit, der mit innovativen Neuerungen überrascht und die Zeitschleifen-Mechanik sowohl spielerisch, als auch erzählerisch äußerst spannend gestaltet. Der Spieler wird mit jedem Durchgang mehr belohnt, mit neuen Items, smarteren Vorgehensweisen und schlaueren Abkürzungen sowie besseren Informationen, aber auch mit neuen Storywendungen. Nach und nach entwirrt man so das Rätsel der Zeitschleife, bis es irgendwann zum großen Aha-Moment kommt. Bis der da ist und man schließlich erfolgreich war, braucht es Dutzende Anläufe, von denen jeder immer und immer wieder einfach grandios viel Spaß macht.