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Debanhi (18) starb, als sie verzweifelt Hilfe suchte

Eine 18-jährige Mexikanerin verschwand, als sie nach einer Party nach Hause ging. Erst 13 Tage später entdeckte die Polizei ihre Leiche.

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Debanhi Escobar stieg am 9. April 2022 um 4.24 Uhr aus einem Uber-Taxi aus.
Debanhi Escobar stieg am 9. April 2022 um 4.24 Uhr aus einem Uber-Taxi aus.
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Der Tod der 18-jährigen Debanhi Escobar schockiert Mexiko. Die Leiche der jungen Frau wurde am 21. April in einer Zisterne eines verlassenen Hotels in Nueva León in Nordosten des Landes entdeckt. 13 Tage hatten die Ermittler gebraucht, um die Überreste zu finden. Tagelang hatten sie behauptet, es gebe keine Hinweise auf Debanhis Verschwinden, obwohl Aufnahmen der Überwachungskamera sie vor dem Hoteleingang zeigten. Am 24. April gab die Staatsanwaltschaft von Nueva León schliesslich bekannt, dass Debanhis Tod als Femizid untersucht wird.

9. April – Debanhi wurde zum letzten Mal gesehen

Debanhi Escobar verschwand in Colonia Nueva Castilla in Escobedo, nachdem sie gegen 4 Uhr eine Party verlassen hatte und in ein Uber gestiegen war. Der Fahrer gab zu Protokoll, dass er die 18-Jährige um 4.24 Uhr auf der Autobahn von Nuevo Laredo ausgesetzt hatte. Den Behörden erzählte er, dass Debanhi "nicht bei klarem Verstand" gewesen sei.

Gegen 4.30 Uhr näherte sich die Frau einem Gebäude – dem Hotel Nueva Castilla – , um Hilfe zu suchen. Die Bilder der Überwachungskamera vor dem Haupteingang zeigen, wie Debanhi mehrmals ums Gebäude läuft. Einige Minuten später zeigt eine weitere Kamera, wie die Frau zweimal vor dem leeren Hotelrestaurant vorbei rennt – es sind die letzten Bilder, die man von ihr hat.

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    Der Mord an Debanhi Escobar hat in Mexiko große Bestürzung ausgelöst.
    Der Mord an Debanhi Escobar hat in Mexiko große Bestürzung ausgelöst.
    REUTERS

    Warum hat der Hotelbesitzer gelogen?

    In den ersten Befragungen durch die Polizei gab der Hotelbesitzer an, dass die Überwachungskameras die Aufnahmen nicht aufgezeichnet hatten und nur Live-Bilder übermittelten. Das stimmte aber nicht. Derzeit wird gegen den Mann wegen falscher Angaben in seiner Erklärung ermittelt.

    21. April – die Polizei findet eine Frauenleiche

    Die Polizei entdeckte einen leblosen Körper "in einem verlassenen Wassertank" auf einem Grundstück in der Nähe des Ortes, an dem Debanhi verschwunden war. Die Überreste waren in vier Metern Tiefe. Hotelangestellte hatten die Behörde alarmiert, nachdem sie "einen üblen Geruch" wahrgenommen hatten.

    Den ersten Erkenntnissen der Obduktion zufolge, starb die 18-Jährige an den Folgen einer schweren Kopfverletzung. Ohne auf weitere Resultate der Gerichtsmediziner zu warten, beeilten sich der stellvertretende Staatsanwalt und der Sicherheitsminister zu sagen, Debanhi sei verunfallt. Dabei ist noch nicht geklärt, ob die Frau vor ihrem Tod Opfer sexueller Misshandlungen wurde.

    27. April – Polizei macht Überwachungsvideos öffentlich

    Frauenorganisationen und ein grosser Teil der Öffentlichkeit haben im Laufe der letzten Tage die Medienberichterstattung stark kritisiert. Die letzten Minuten im Leben von Debanhi Escobar seien "zu einem makabren Spektakel in den lokalen Fernsehsendern" gemacht worden. "Zur besten Sendezeit" werde sie zudem für ihren gewaltsamen Tod beschuldigt. Weil sie betrunken war, weil sie gefeiert hatte. Auch ihre Freundinnen wurden zeitweise Ziel der Aggression in den Nachrichtensendungen: Warum hatten sie Debanhi alleine nach Hause gehen lassen, wenn sie "nicht bei Sinnen" war, fragten die Moderatoren.

    Auch den Ermittlern und Ermittlerinnen werden zahlreiche Mängel vorgeworfen: Wie kann es sein, dass die Leiche von Debanhi Escobar 13 Tage nach ihrem Verschwinden gefunden wurde – an einem Ort, der viermal zuvor angeblich gründlich durchsucht worden war? Warum kann die Staatsanwaltschaft bis heute nicht erklären, warum Debanhi vor dem Hotel rannte oder wem sie entkommen wollte?

    Mittlerweile mussten der Sonderstaatsanwalt für vermisste Personen, Rodolfo Salinas de la Peña, und der Sonderstaatsanwalt für die Bekämpfung von Entführungen, Javier Caballero García, ihre Posten räumen. Auch wurde eine Frau – Griselda Núñez Espinoza, Leiterin der Sonderstaatsanwaltschaft für Femizide – zur Sprecherin im Fall ernannt, nachdem Menschenrechtsorganisationen der Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatten, dass die beiden zuvor designierten Männer "wenig Sensibilität im Fall" gezeigt hatten.

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