Wien

Demente Mutter hatte 5cm-Fingernägel, Tochter angeklagt

Eine 50-jährige Wienerin kümmerte sich zuhause um ihre kranke Mutter, war damit aber schwer überfordert und musste nun vor Gericht.

Clemens Pilz
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Tochter wegen Vernachlässigung ihrer Mutter angeklagt – Diversion!
Tochter wegen Vernachlässigung ihrer Mutter angeklagt – Diversion!
Denise Auer

"Wissen Sie, wir waren wie Schwestern": So fasste die Angeklagte die Beziehung zu ihrer im letzten Sommer verstorbenen Mutter zusammen. Die bisher unbescholtene Frau musste sich wegen des Vorwurfs der Vernachlässigung einer wehrlosen Person vor dem Landesgericht Wien verantworten, bekannte sich schuldig. Ihre betagte Mutter sei zunächst bettlägerig, dann dement geworden. Mit der Pflege der charakterlich anspruchsvollen Dame – "Sie war halt eine eigenständige Frau" – wurde die 50-Jährige aber mehr und mehr überfordert.

Wohnung zugemüllt, Mutter verwahrlost

Mit der Zeit füllte sich die Wohnung mit Müll, da die Mutter darauf bestand, nichts wegzuwerfen. Auch die Körperpflege sei ein Problem gewesen, denn die Patientin habe sich geweigert, sich die Nägel schneiden zu lassen. Als der Fall bekannt wurde, hatte die alte Frau Geschwüre, verfilzte Haare, fünf Zentimeter lange Fingernägel und war von Parasiten befallen. "Wenn ich nur eine Schere angegriffen habe und mich in ihre Richtung gedreht habe, hat sie schon zu schreien begonnen", so die Angeklagte.

Warum sie keine professionelle Hilfe in Anspruch nahm, wollte der Richter wissen. "Das wollte ich. Aber ich war mit der Gesamtsituation überfordert", erklärte die 50-Jährige. Sie habe nicht gewusst, ob sie weiter den Wünschen ihrer Mutter nachkommen solle, oder sie an einen Fremden geben solle. 

Diversion für Wienerin

Letztlich endete der Prozess mit einer Diversion: Bleibt sie die nächsten zwei Jahre unauffällig, wird das Strafverfahren gegen die Wienerin endgültig eingestellt. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.