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Den Mount Everest besteigen... mit Batman

Alternative Realitäten beherrscht Steven Spielberg aus dem Effeff. In seiner neuesten zitiert er massiv aus den 70ern, 80ern und 90ern.

Heute Redaktion
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Als Easter Egg bezeichnet man einen versteckten Gegenstand in einem Videospiel, der für die erfolgreiche Beendung des Spiels nicht erforderlich ist. Im erweiterten Sinn kann es sich dabei auch um eine Referenz oder eine Anspielung in einem Spielfilm handeln. Das Poster einer Sci-Fi-Serie, das verschwommen im Hintergrund zu sehen ist, eine Telefonnummer, hinter der sich das Geburtsdatum des Regisseurs verbirgt, eine Kameraeinstellung, die eins zu eins aus einem anderen Streifen kopiert wurde.

Easter Eggs sind Boni für aufmerksame Zocker/Zuseher. Sie aufzuspüren, die geheime Bedeutung hinter der scheinbar willkürlich gewählten Kulisse zu entdecken, ist zum einen ein Anreiz, sich intensiv mit dem Werk zu befassen, zum anderen eine Belohnung für angehäuftes (Nerd-)Wissen. Schließlich ist es ein ungemein befriedigendes Gefühl, Querverweise zu entdecken, für die andere blind sind (man sehe sich beispielsweise den altmodischen Teppich in "Toy Story" etwas näher an).

"Ready Player One", Steven Spielbergs neuester Streich, besteht fast ausschließlich aus solchen Easter Eggs - mal mehr, mal weniger auffällig platziert; vom emporgereckten Daumen des Terminators über die T-Rex-Verfolgungsjagd aus "Jurassic Park" bis zum leicht abgeänderten Woody-Allen Zitat - und macht gerade deshalb unglaublich viel Spaß.

Der Trailer von "Ready Player One":

Osterei in der Oase

Wir schreiben das Jahr 2045. Columbus, Ohio, vormals eine der ödesten Destinationen in den USA, ist zur am schnellsten wachsenden Stadt des Landes mutiert. Denn hier hat jene Firma ihren Sitz, die der Menschheit eine virtuelle Welt voll unendlicher Möglichkeiten geschenkt hat. Die OASIS ist das krasse Gegenteil des tristen Alltags. Mit VR-Brille und -Handschuhen kann man auf den höchsten Wellen von Hawaii surfen, halsbrecherische Autorennen durch das Revier von King Kong bestreiten oder den Mount Everst besteigen ... mit Batman.

Ach ja, auf den gewieftesten Spieler wartet auch unendlicher Reichtum. Der Erfinder (Mark Rylance) der OASIS hat ein Easter Egg in der alternativen Realität versteckt, das die Herrschaft über das virtuelle Reich verspricht. Drei Schlüssel sind vonnöten, um es zu finden, allesamt gut gesichert mit extravaganten Popkultur-Rätseln aus den Siebzigern, Achtzigern und Neunzigern.

Schurke Sorrento (Ben Mendelsohn) heuert Armeen von Nerds und Zockern an, um sich den Preis unter den Nagel zu reißen, doch es sind der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Wade (Tye Sheridan) und seine Freunde, die den ersten Schlüssel ergattern. Bald ist Sorrento auch in der wirklichen Welt hinter ihnen her.

Atemberaubend

In die Gestaltung der OASIS müssen abertausende Ideen eingeflossen sein. Mit offenem Mund verfolgt man das Spektakel und könnte mit Sicherheit auch noch beim zehnten Ansehen neue Schätze entdecken. Die löchrige Handlung im echten Columbus hinkt klar hinterher, verschafft dem Zuschauer aber zumindest Zeit zum Verschnaufen und Kinnladen-Hochklappen.

Wer bereits im letzen Jahrhundert geboren wurde, tut sich mit vielen der Referenzen leichter und geht mit Sicherheit ein Stückchen glücklicher aus dem Kino. "Ready Player One" ist ein Nostalgie/Pop-Culture-Fest der Extraklasse. Um es auch visuell auskosten zu können, sollte man es unbedingt auf einer möglichst großen Leinwand genießen.

"Ready Player One" startet am 6. April in den österreichischen Kinos. (lfd)