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Der Brexit rüttelt die jungen Europäer wach

Die Mehrheit der jungen Europäer befürwortet die EU. Nur gerade 17 Prozent der Befragten denken, dass ihr politisches System funktioniert.

Heute Redaktion
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Die Zustimmung der jungen Europäer zur Europäischen Union wächst, zugleich misstrauen viele den Behörden und Institutionen. In einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Umfrage der TUI-Stiftung unter 16- bis 26-Jährigen in sieben europäischen Staaten gaben 71 Prozent an, sie würden gegen einen Austritt ihres Landes aus der EU stimmen. Im Vorjahr waren dies nur 61 Prozent.

In Deutschland würden sogar 80 Prozent im Fall eines Referendums gegen einen EU-Austritt stimmen – 2017 waren dies 69 Prozent. Die EU wird damit insgesamt positiver wahrgenommen. Allerdings vertraut nur jeder Dritte (34 Prozent) der insgesamt rund 6.000 vom Meinungsforschungsinstitut YouGov befragten Teilnehmer Organisationen wie dem Europaparlament oder der EU-Kommission.

"Der Brexit hat wachgerüttelt"

"Die Ergebnisse der Studie zeigen: Europa erlebt ein Comeback bei jungen Menschen", erklärte der Kuratoriumsvorsitzende Thomas Ellerbeck. "Der Brexit hat wachgerüttelt." In einer Welt, die an vielen Orten in Unruhe sei und in der nationale Abschottung statt Kooperation propagiert werde, "erhält Europa eine neue Kontur".

Als wichtigste Aufgaben für die kommenden fünf Jahre sehen die Befragten auf EU-Ebene die Bekämpfung des Terrorismus (44 Prozent), den Umwelt- und Klimaschutz (34 Prozent) sowie die Regulierung von Einwanderung (33 Prozent) an.

Fast jeder Zweite hält System für reformbedürftig

Junge Europäer äußern einen starken Wunsch nach politischer Veränderung: Nicht einmal jeder Fünfte (17 Prozent) ist der Meinung, dass das politische System im jeweiligen Land so funktioniert wie es sollte. Nahezu jeder Zweite (45 Prozent) denkt, dass das politische System reformbedürftig ist und weitere 28 Prozent glauben, dass nur radikale Veränderungen die Dinge "wieder in Ordnung bringen" können.

Nach Angaben der TUI-Stiftung wurden vom 14. Februar bis 4. März insgesamt 6.080 junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren online befragt.

In Polen sind 23 Prozent der Jungen populistisch eingestellt

Für die deutschen Jugendlichen ist die Förderung von neuen Technologien sowie Internet und Digitalisierung von großer Wichtigkeit. Für 21 Prozent ist das eines der wichtigsten drei Themen auf EU-Ebene und sogar für jeden Dritten (29 Prozent) auf nationaler Ebene. Das ist der höchste Wert im Vergleich der sieben befragten Länder.

In der Studie wurden auch populistische Einstellungen unter jungen Europäern ermittelt. Der Anteil reicht demnach von sieben Prozent in Deutschland bis zu 23 Prozent in Polen. Abgefragt wurden dazu Meinungen zu Aussagen wie: "Leute wie ich haben keinen Einfluss darauf, was die Regierung macht" oder "Das Volk sollte bei allen wichtigen Entscheidungen gefragt werden".

"Für populistisch eingestellte Jugendliche ist die Staatsform Demokratie vielfach ein inhaltsleerer Begriff", erklärte Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, der die Studie wissenschaftlich begleitete. Bei ihnen gebe es die Vorstellung einer "illiberalen Demokratie", in der rechtsstaatliche Prinzipien wenig zählten. So können sich mehr als 35 Prozent vorstellen, die Rechte der Opposition einzuschränken.

(red/afp)

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