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Der EU-Wahl droht ein Whatsapp-Problem

Die EU befürchtet rund um die bevorstehende EU-Wahl massive Fake-News-Kampagnen auf sozialen Medien wie Whatsapp und Facebook.

Heute Redaktion
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Je näher die Wahl fürs EU-Parlament rückt (gewählt wird am 26. Mai), desto mehr steigt in Brüssel die Angst vor Wahlbeeinflussungen und gezielten Fake-News-Kampagnen durch soziale Medien. Vor allem aus Russland befürchtet man gezielte Wahlbeeinflussung und Online-Stimmungsmache.

Seit Jahren versucht die EU, Facebook und Co. an die Kandare zu nehmen. Während Facebook inzwischen weitgehend bewusst Fake-News-Kampagnen zu unterbinden versucht, tut sich mit Whatsapp ein neues Schlachtfeld auf, das weit schwerer zu kontrollieren ist.

Denn auf Whatsapp geschieht die Weiterleitung verschlüsselt, von außen kann man den Inhalt nicht einsehen. Das ist zwar gut für die Privatsphäre, aber öffnet Tür und Tor für Falschmeldungen und regelrechte Schmutzkampagnen, die anschließend schwer zurück zu verfolgen sind. Ein aktuelles Beispiel dafür sind die jüngsten Wahlen in Spanien.

Spanien: Conchita als Luxemburgs Premier

Im Fall Spanien lässt sich beobachten, wie solche Kampagnen ablaufen. Dort hat es laut der Bürgerrechtsbewegung Avaaz vor der jüngsten Parlamentswahl eine regelrechte "Desinformationswelle" via Whatsapp gegeben.

Tausendfach geteilt wurde dort unter anderem ein Bild von Conchita Wurst und einem Begleiter am Opernball – allerdings mit der Falschinformation, dass es sich um den luxemburgischen Premier Xavier Bettel und seinen Ehemann handle. Dazu war die Nachricht "Ende der Welt ist nahe" zu lesen.

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Andere Nachrichten zielten darauf ab, Parteien, Politikerinnen und Politiker zu diskreditieren. So wurde dem sozialistischen Premier Pedro Sanchez ein Geheimdeal zur Unabhängigkeit Kataloniens unterstellt – ohne Faktengrundlage. Ebenfalls machte ein Bild des rechtsextremen Vox-Politikers Santiago Abascal die Runde, auf dem er ein Megaphon verkehrt herum zu halten scheint. Das Bild wurde aber manipuliert, es existiert ein Originalfoto.

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Erschreckend hohe Reichweite

Die Reichweite der Falschmeldungen und Beeinflussungsversuche lässt sich aufgrund der verschlüsselten Struktur von Whatsapp schlecht nachvollziehen. Deswegen hat Avaaz zusätzlich eine Umfrage in Auftrag gegeben, um zu ermitteln, wie viele Spanierinnen und Spanier über Whatsapp mit Beeinflussungsversuchen in Berührung gekommen sind.

Das Ergebnis war erschreckend: 9,6 Millionen Wahlberechtigte hatten derartige Inhalte im Posteingang – das wären rund 26 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung. Whatsapp liegt damit nur knapp hinter Facebook mit rund 27 Prozent.

Zeitsperre für Weiterleiten gefordert

WhatsApp hat im vergangenen Jahr erstmals nachgebessert, um die massenhafte Weiterleitung von Falschnachrichten einzudämmen. Damals hatte eine durch Whatsapp-Gerüchte ausgelöste Lynchmord-Serie in Indien schockiert. Als Reaktion hat Whatsapp Anfang des Jahres die Weiterleitungen kenntlich gemacht und die Weiterleitungsfunktion eingeschränkt – seither können Nachrichten nur mehr an fünf statt an 20 Personen weitergeleitet werden.

Diese Beschränkung kann aber leicht umgegangen werden, indem man die Nachrichten einfach in mehreren Schritten weiterleitet. Avaaz fordert deswegen, dass es eine stündliche Begrenzung für Weiterleitungen geben solle. Auf Anfrage von "orf.at" teilte Whatsapp mit, dass man Algorithmen einsetze, um Bot-Accounts, die automatisiert arbeiten, oder solche, die große Mengen an Nachrichten verschicken, zu identifizieren und zu sperren.

(hos)

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