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Der Europa-Check - Milliardenschwer und von Millione...

Land: D, Genre: Gesellschaft + Soziales

Heute Redaktion
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Bild: Kein Anbieter

Europa hat Millionen Feinde. Nicht nur unter Rechtspopulisten. "Brüssel" ist zum Synonym geworden für undemokratische, arrogante, bürgerferne und teure Entscheidungen. Woher kommt das? Und was ist an dem schlechten Image überhaupt dran? Das erfolgreiche Europa wird oft totgeschwiegen. Mit Europa-Gegnern und Europa-Freunden sind die Autoren Matthias Ebert und Joanna Jäschke unterwegs auf der Suche nach der "Wahrheit". Manfred Müller betreibt einen Internetversand und publiziert in seiner Freizeit EU-kritische Beiträge. Er kritisiert, dass die EU-Staaten ihre Grenzen nicht mehr schützten. Und: Europa sei zu schwerfällig: "28 - teils rivalisierende - Länder können sich doch kaum auf sinnvolle Lösungen einigen." Ganz anders Hansjörg Schmitt, Mitbegründer der Bewegung "Pulse of Europe", die zur allgemeinen Überraschung Zehntausende zu Pro-Europa-Demonstrationen auf die Straßen bringt. "Auch wir wollen die EU reformieren, aber dafür muss sie zunächst mal erhalten bleiben", sagt er. Dafür sprechen Europas Erfolge: 8,7 Millionen Menschen wurden 2017 in Arbeit gebracht. 134,7 Milliarden Euro wurden zu Förderzwecken ausgegeben - für große und kleine Unternehmen, Jugend-Werkstätten in Sachsen oder die größte Unfallklinik der EU in Birmingham. Überall hin fließt Geld aus Brüssel. Trotzdem schrumpfte die Zustimmung zur EU. Nur noch 33 Prozent der Menschen in Sachsen finden sie sinnvoll. Chloé und Lucas in Mainz sind zwei von circa einer Million "Erasmus-Babies". Ihre Eltern haben sich in Leipzig über das Austauschprogramm für Studenten kennengelernt - wie Millionen andere in den letzten 30 Jahren. Für ihre Mutter Gaelle Bulligan ist Europa eine Lebenshaltung: "Ich finde diese Vielfalt super, an Völkern, an Kulturen und Geschichte." Aber Europa hat böse Kardinalfehler. Da ist das Demokratiedefizit, denn nur das Parlament wird demokratisch gewählt. So wächst der Einfluss der Lobbyisten. Das macht die EU wirtschaftsnah und verbraucherfern. Heidi Bank vom Verein "Lobby Control": "Die Banken können sich solche Lobbyarbeit leisten, nicht aber beispielsweise alleinerziehende Mütter, die schon seit Jahren für eine steuerliche Gleichstellung kämpfen." Und dann die Doppelmoral: Flüchtlinge zum Problem erklären, aber gleichzeitig Fluchtursachen verstärken. Zaccaria Mutah aus Ghana schuftet auf EU-subventionierten Tomatenfeldern in Apulien für einen Hungerlohn. "Ich bin von Europa enttäuscht. Wir werden hier ausgenutzt als billige Arbeitskräfte." Zu Hause kann er von der Landwirtschaft nicht mehr leben, weil unter anderem Billig-Tomaten aus der EU den heimischen Markt zerstört haben. Wie kann es weitergehen mit Europa: mehr Bürgerbeteiligung? Nach dem Vorbild Irlands könnte eine Bürgerversammlung Vorgaben für Berufspolitiker ausarbeiten, grundsätzliche Entscheidungen öffentlich diskutieren: Soll die EU eine eigene Armee bekommen? Sollen alle EU-Länder die gleichen Steuern erheben, um Steuerdumping zu verhindern? Wie soll die EU auf die Flüchtlingskrise reagieren? Oder Austritt? In Wales lag die Zustimmung zum Brexit landesweit am höchsten. Dabei profitierte kaum eine Region Europas so stark von den EU-Strukturfonds. Diese Hilfen fallen zukünftig spürbar weg, bei vielen herrscht Katerstimmung. Malcolm Higgs aus Wales bereut sein Brexit-Votum längst. "Leider zu spät", wie er bemerkt. Arbeitsplätze brechen weg - die ersten Firmen ziehen um. Wenn andere Länder der Vision Austritt folgen wollten - was bedeutet das für die gesamte EU? Die Filmemacher fragen Ex-Außenminister Joschka Fischer: Ist Europa noch zu retten?

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