Szene

Am Ende siegt die Liebe im Engelshaus

Am Samstag ging die vielbejubelte Premiere von Janusz Kicas „Der Engel mit der Posaune" am Theater in der Josefstadt über die Bühne.

Heute Redaktion
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Ein Bühnenbild, so schwarz wie die Seele des SS-Sturmbannführers Esk, verklärte Walzerklänge, die den Zerfall der Monarchie ankünden und dazwischen eine vom Schicksal gezeichnete Ehefrau und Mutter.

Erst andächtiges Schweigen, dann viel Beifall

Mit viel Jubel ging diesmal an einem Samstag die erste Premiere der neuen Spielsaison im Theater in der Josefstadt über die Bühne. Erfolgs-Regisseur Janusz Kica hat aus dem eher zähen Geschichtsstoff vom Fall der Monarchie bis hin zum Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland ein emotionales Kammerspiel mit teilweise brillianten Figuren erschaffen.

Geschichtsunterricht mit der Familie Alt

Besonders herausragend an diesem Abend war "Vorstadtweib" Maria Köstlinger in der Rolle der Henriette Alt. Verliebt in den Kronprinzen, entscheidet sich die luxusverwöhnte Lebedame für eine Vernunftheirat mit dem traditionellen Klavierbaumeister Franz Alt (großartig: Michael Dangl). Was im Laufe eines Lebens passieren kann und wie sich ein Charakter ändern kann wird hier von Janusz Kica auf brilliante Art und Weise vor Augen geführt. Die zwanzig, dreissig Jahre, die die Charaktere während des Stückes mitaltern, nimmt man ihnen durchaus ab. Besonders berührend: Der von einem Schlaganfall gezeichnete Franz Alt, der die letzten Tage seines Lebens siechend und sprachlos neben seiner Frau verbringen muss, während die Welt im Umbruch ist.

Am Ende siegt die Liebe und Vernunft

Und Maria Köstlinger? Die überzeugt mit einem derart dramatischen „Scarlett O'Hara"-Spiel-Stil: Am Ende erkennt sie doch noch den Wert ihres Mannes. Das Haus und seine Tradition hat über die Jahre auf sie abgefärbt. Einst rebellisch, zuletzt geläutert. Zu viele Jahre hat sie dem Kronprinzen nachgetrauert und so ihren Mann emotional erkalten lassen. Alexander Absenger gibt vortrefflich den von Henriette bevorzugten Sohn Hans. Er ist das Gewissen der Familie Alt. Stets im Kampf mit dem Vater, der das Wort "Angst" nicht kennt, versucht Hans sich neben seinem Bruder Hermann zu beweisen, scheitert aber immer wieder an seinen Wünschen und Bedürfnissen.

Gut geführtes Ensemble

Alexander Absenger schafft den Spagat vom jugendlichen Kind bis hin zum gereiften Witwer mit Bravour. Silvia Meisterle und Alma Hasun erhellen mit ihrem herrlich erfrischenden Wesen das allzu düstere Bühnenbild. Matthias Franz Stein verwandelt sich an diesem Abend vom bemitleidenswerten Sohn zum reichsdeutschen Abschaum. Schön auch bei ihm der Übergang der Sprache vom nasalen k. u. k.-Geplänker bis hin zum Nazi-Dialekt. Andre Pohls Spiel lässt in seiner traditionellen Starre nicht viel Spielraum übrig, erst gegen Ende erkennt man den Menschen hinter der Traditionsfassade.

Gute Inszenierung, aber eine Spur zu lang

Berührend ist auch die Musik von Künstler Kyrre Kvam. Die Kirchenglocken verkünden im Stück immer wieder unheilverkündend Tod oder Untergang, die Walzermusik versucht indessen in ihrer verklärten Romantik die "guten, alten Monarchie-Tage" festzuhalten. Auch die moderner gewählten Töne des Norwegers passen zu den modern und dennoch traditionellen Requisiten. Alles in allem zwar eine etwas düstere aber trotz allem gut inszenierte Geschichte, die Janusz Kica da gemeinsam mit einem großartigen Ensemble auf die neuen Bühnenbretter der Josefstadt gebracht hat. An manchen Stellen hätte man das Stück, dass sich vor allem im ersten Akt etwas zieht, noch kürzen können. Das etwas freie (und nicht ganz klare) Ende etwas präziser gestalten können. Nach einem Moment des unsicheren Schweigens folgte aber Jubel für Schauspieler und Regie. Umso fröhlicher gestaltete swich die anschließende Premierenfeier in den Sträußelsäalen, bei der bis in die frühen Morgenstunden hineingetanzt wurde.

Tickets und Infos: Theater in der Josefstadt